Wiener Lebensgefühl in einem Walzer

Saison 2024/2025 |

Choreograph Martin Schläpfer im Gespräch über Walzer und den Wiener Opernball.

Die Eröffnung des 67. Wiener Opernballs am 27. Februar 2025 verzaubert mit einem besonderen Glanzstück: Ballettdirektor Martin Schläpfer hat eigens für diesen Anlass eine neue Choreographie zum berühmten Kaiserwalzer von Johann Strauß (Sohn) geschaffen. Es tanzen zwanzig Mitglieder des Wiener Staatsballetts und vier Studierende der Ballettakademie der Wiener Staatsoper. Die Kostüme hat die Schweizer Designerin Ida Gut kreiert. Das Orchester der Wiener Staatsoper spielt unter der Leitung von Cornelius Meister.

Als Hommage an einen der bedeutendsten Söhne der Stadt lassen Sie das Wiener Staatsballett und Studierende der Ballettakademie zu Johann Strauß’ Kaiserwalzer op. 437 tanzen.

Die Musikwelt feiert heuer den 200. Geburtstag dieses Komponisten und mich fasziniert seine Musik immer wieder aufs Neue: ihre so besondere Kipplage, das Orgiastische, Befreiende, aber auch dieser Eskapismus hinein in eine Tanzmusik, die zu ihrer Entstehungszeit ja nicht fixer Bestandteil der Hochkultur, sondern revolutionär und in manchen Kreisen sogar verpönt war. In ihr spiegelt sich ein Lebensgefühl, das man bis heute mit Wien verbindet: zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt. In den vielfältigen Emotionen, der Motorik und diesem rhythmisch-federnden und zugleich so geheimnisvollen Duktus des Kaiserwalzers finde ich viel Inspiration.

Wie sehr interessiert Sie das Walzer-Tanzen?

Als Künstler, der Ballette macht, interessieren mich die standardisierten Schritte weniger. Mir geht es eher um die Essenz, die ich zunächst für mich herausschäle, um dann auf meine Weise damit umzugehen. Das Kreiseln, das Drehen im Walzer ist für einen Choreographen natürlich ein schönes Motiv.

Welche Anforderungen stellt eine Choreographie für den Opernball?

Ich gehe eine solche Kreation genauso an wie jedes andere Ballett – aber natürlich gilt es, den besonderen Anlass und die Art und Weise, wie man von allen Seiten des Raumes, aber auch durch die Kameras im Fernsehen auf die Tanzfläche schaut, mitzudenken. Nachdem ich vor zwei Jahren mit Wiener Blut eine eher akademische Choreographie kreiert habe, möchte ich den Kaiserwalzer skulpturaler beantworten, weniger mit klassischen Linien, sondern freier arbeiten, ohne aber die Noblesse, die zu einem Ball gehört, zu verlieren. Eine wunderbare Unterstützung gibt mir dabei das Kostümdesign von Ida Gut. Ich möchte jenen Raum vermessen, den Johann Strauß (Sohn) bis heute zwischen einem erstarrt-klischierten Bild vom Wiener Walzer und der einstigen künstlerischen und gesellschaftlichen Modernität aufzuspannen vermag. Entsprechend habe ich zu den zwanzig Tänzer*innen des Wiener Staatsballetts auch vier Elevinnen und Eleven aus der Ballettakademie gewählt, die neben klassischen Tänzerinnen und Tänzern auch gute »Mover« sind. Ich freue mich sehr, dass wir erneut mit einer Uraufführung des Wiener Staatsballetts und dem neuen Kostümdesign von Ida Gut die Möglichkeit haben, die Balleröffnung festlich zu gestalten, aber diese durch unsere Kunst auch zu reflektieren und die Menschen von Heute zu berühren.