Faszination Salome: Ein historischer Blick auf die ikonische Oper
Saison 2022/2023 |
Ein Blick in die Vergangenheit: Wie Richard Strauss zu seiner Villa kam
Beginnen wir mit Eduard Hanslick, dem größten Musikkritiker des 19. Jahrhunderts. Im Jahr 1882, als der erst 18-jährige Richard Strauss sein Wiener Debüt im alten Bösendorfersaal gab, prophezeite Hanslick: „So dürfte dieser Name bald in weiteren Kreisen bekannt und beliebt sein.“ Jahre später erkannte er das Potenzial von Strauss erneut, als er anlässlich einer Aufführung von Strauss’ symphonischer Dichtung Tod und Verklärung schrieb: „Die Art seines Talents weist den Komponisten eigentlich auf den Weg zum Musikdrama.“
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Strauss bereits seine ersten beiden Opern, Guntram (1894) und Feuersnot (1901), vorgelegt, die heute eher als Randwerke seines Schaffens gelten. Erst mit Salome, die 1905 in Dresden uraufgeführt wurde, avancierte er zum epochemachenden Musiktheaterkomponisten und entkam dem Einfluss Wagners. Salome zeichnet sich durch ihre innovative Thematik, Machart und Farben aus und behandelt die literarische Vorlage auf unverkennbare Weise.
Die Ursprünge der Salome-Handlung
Die Geschichte von Salome schöpft ihre Inspiration aus mehreren Quellen: den Evangelien von Markus, Matthäus und Lukas sowie den Schriften des Geschichtsschreibers Flavius Josephus. Ähnliche Erzählungen finden sich bereits in antiken römischen Texten. Im Laufe der Kulturgeschichte hat das Interesse an der Salome-Erzählung stetig zugenommen, was sich in der Vielzahl von Dichtungen, Gemälden und Plastiken zeigt.
Ein Meilenstein in der Auseinandersetzung mit diesem Stoff ist Oscar Wildes Salomé, das er 1891 auf Französisch verfasste. Obwohl das Stück in London verboten war, wurde es in Paris uraufgeführt und fand bald seinen Weg in die englische und deutsche Sprache, wobei einige Ungenauigkeiten in die Übersetzungen einflossen. Strauss erkannte schnell das Potenzial des Stoffes. Als der Cellist Heinrich Grünfeld nach einer Aufführung von Wildes Salomé an ihn herantrat und anmerkte, dass dies ein Opernstoff für ihn sei, antwortete Strauss gelassen: „Ich bin bereits am Komponieren.“
Der Erfolg von »Salome«
Strauss' Fassung von Salome bleibt die bekannteste. Die Uraufführung in Dresden wurde als „unbeschreiblicher Erfolg“ gefeiert, und die Aufführung erlebte mehr als 40 Vorhänge. Vorher gab es jedoch zahlreiche Diskussionen, und die Premiere wurde nur gestattet, nachdem der Vorschlag gemacht wurde, am Ende der Oper den Stern von Bethlehem aufgehen zu lassen, um das skandalöse Geschehen in einen christlichen Kontext zu setzen.
Kaiser Wilhelm II. äußerte damals, dass er Strauss zwar „sehr gerne“ habe, sich aber mit Salome „furchtbar schaden werde“. Der trockene Kommentar des Komponisten dazu lautete: „Von diesem Schaden konnte ich mir die Garmischer Villa bauen.“
Salome hat in vielerlei Hinsicht den Diskurs ihrer Zeit getroffen, insbesondere in der Psychologie der Figuren, der Klanglichkeit und der Abkehr von bestehenden Modellen. Jedoch ist auch nicht zu übersehen, dass dunkle Schatten auf diesem Werk lasten. Die Darstellung jüdischer Glaubensfiguren ist mit antisemitischen Codes behaftet, die von einem Teil des damaligen Publikums verstanden und akzeptiert wurden.
Die Wiener Hofoper und die Zensur
Die Wiener Hofoper stand damals unter der Leitung von Gustav Mahler, einem erklärten Bewunderer von Salome. Trotz der disparaten Beziehung zwischen Mahler und Strauss war die Bewunderung für Salome ungebrochen. Der Kampf mit der Zensur, der die Operngeschichte prägte, begann, als der Zensor Emil Jettel von Ettenach die Aufführung verbot, da sie seiner Meinung nach gegen die Sittlichkeit verstieß. Ein berühmtes Zitat besagt, dass die Darstellung von Vorgängen, die „in das Gebiet der Sexualpathologie gehören“, sich nicht für die Hofbühne eigne.
Die Oper wurde schließlich nach Graz verlegt, wo die österreichische Erstaufführung stattfand. Später folgte ein Gastspiel im Wiener Volkstheater, das mit großem Erfolg aufgeführt wurde. Erst 1918 konnte Salome im Haus am Ring uraufgeführt werden und zählt seither zu den fünf großen Klassikern des Wiener Strauss-Repertoires.
In den letzten 100 Jahren erklang Salome nahezu 600 Mal im Haus am Ring, über 250 Mal in der mittlerweile betagten Produktion von Boleslaw Barlog aus dem Jahr 1972. Am 2. Februar folgt nun eine Neuproduktion, die von Musikdirektor Philippe Jordan geleitet wird. Regisseur Cyril Teste, der in dieser Produktion sein Hausdebüt gibt, wird mit seiner vielschichtigen Theaterkunst erstmals außerhalb Frankreichs zu erleben sein. In den Hauptrollen werden Malin Bystrom als Salome, Michaela Schuster als Herodias, Iain Paterson als Jochanaan und Gerhard Siegel als Herodes auf der Bühne stehen – ein international einzigartiges Ensemble.