Eine neue Staatsoper
Saison 2024/2025 |
Theater ist für alle da. Das kommt einem leicht über die Lippen, klingt überzeugend, ja fast selbstverständlich – wie sollte es auch anders sein? Schließlich ist genau diese Maxime im Fall der Staatsoper sogar gesetzlich festgeschrieben.
Aber ist es wirklich so? Kann man gleichzeitig alle Zuschauergruppen ansprechen? Geht das überhaupt in einem täglich spielenden, internationalen Repertoirebetrieb wie der Staatsoper? Wir sind überall bemüht, jegliche Schwellen zu beseitigen oder zu senken und das Haus für alle zu öffnen: mit Eintrittspreisen, die das Kino unterbieten; Einführungsveranstaltungen, die auch Neulingen den Weg zur Oper leicht machen sollen; Angeboten für das U27-Publikum; Outreach-Projekten; Wanderopern für Kinder oder Schulkooperationen. Die Wiener Staatsoper ist kein Tempel nur für Eingeweihte, sondern für alle da. Auch für jene, die sie noch gar nicht oder nicht gut kennen – das ist ihr Auftrag.
Und doch, in einem so notorisch ausgelasteten Haus, wie es die Staatsoper nun einmal ist, lässt sich Vieles, wovon Theatermenschen träumen, nicht verwirklichen. Nicht jede Theaterform ist kompatibel mit unserer Konstellation von Bühne und Zuschauerraum, nicht alles findet im dichten Repertoire-Spielplan den nötigen Platz. Selbst die Prunkräume, nebenberuflich unsere Pausenbuffets, sind inzwischen laufend mit Veranstaltungen und sogar mit Vorstellungen für Kinder ausgelastet...
Am 7. Dezember findet daher etwas statt, wovon man an der Staatsoper noch vor wenigen Jahren bestenfalls hätte träumen können: In Wien wird nach Langem wieder ein ganz neues Theater eröffnet, eigens konzipiert und geschaffen für ein junges Publikum und für Familien – das NEST.
Ermöglicht durch eine große mäzenatische Leistung, ist es ein Theater, das fast alles kann. Es ist für Kinder da, aber auch für Jugendliche und junge Erwachsene. Es lädt Familien ein. Man kann aktiv mitmachen, oder aber einfach in die Musiktheaterwelt hineinschnuppern. Man kann diskutieren, tanzen, singen, zuhören, lernen, staunen. Viele Ideen, die bisher kein Zuhause hatten, können sich nun endlich frei entfalten.
Schon im Dezember bietet das NEST volles Programm. Eröffnet wird standesgemäß mit einer Kinderopern-Uraufführung, die Opernschule der Wiener Staatsoper lädt zum Weihnachtskonzert, bereits wenige Tage später erobert sich die Theatertruppe Nesterval Wagners Götterdämmerung. Workshops, Diskussionen und andere kleinere Formate wenden sich an alle Interessierten.
Ich lade Sie ein, mit uns diesen neuen Mikrokosmos des Musiktheaters zu betreten – schlagen wir gemeinsam ein neues, ein wichtiges Kapitel in der Geschichte der Wiener Staatsoper auf.
Herzlich,
Ihr
Bogdan Roščić