Die Faszination der Düsternis: Hintergründe zu »Cardillac« -Inszenierung

Saison 2022/2023 |

Sven-Eric Bechtolfs »Cardillac« fasziniert mit Schwarz-Weiß-Ästhetik im Stil von Stummfilm-Horror und verwebt drei Zeitebenen der Geschichte.

Sven-Eric Bechtolfs Inszenierung von Cardillac entführt die Zuschauer in eine faszinierende und düstere Welt, die durch ihre eindringliche Schwarz-Weiß-Ästhetik und mechanischen Bewegungsstrukturen besticht. Inspiriert von der visuellen Sprache der Stummfilm-Horrorkunst, insbesondere Wilhelm Murnaus Nosferatu, gelingt es Bechtolf, die drei Zeitebenen dieser einzigartigen Geschichte eindrucksvoll miteinander zu verweben. Diese kreative Herangehensweise sorgt für eine fesselnde Darstellung des genialen, aber wahnsinnigen Goldschmieds, die die Essenz der Vorlage von E.T.A. Hoffmann und Paul Hindemiths Musik auf meisterliche Weise einfängt.

Verschlungene Zeitebenen: Eine Geschichte in drei Dimensionen

Bechtolf geht es in seiner Inszenierung um die Verflechtung dreier Zeitebenen, die in diesem dreiaktigen Musiktheater-Krimi meisterhaft miteinander verwoben sind:

  • Das Paris des 17. Jahrhunderts als Schauplatz,
  • Die düstere Weltsicht der Novellenvorlage aus dem 19. Jahrhundert,
  • Das sachliche Libretto aus den 1920er Jahren.

Diese verschiedenen Ebenen spiegeln die historische und künstlerische Tiefe des Werks wider und lassen eine packende, zeitübergreifende Geschichte entstehen.

Expressionistische Stilmittel und Emotionen als Mechanik

In seiner szenischen Erzählform greift Bechtolf auf ein expressionistisches Stilmittel zurück, das den dramatischen Charakter der Geschichte verstärkt. Er findet ein visuelles Pendant zu Paul Hindemiths musikalischer Interpretation von E.T.A. Hoffmanns hochromantischer Figur des genialen und gefährlich besessenen Goldschmieds Cardillac. Die Geschichte scheint durch die „Beschleunigungsmaschine des Expressionismus“ getrieben – packend und überdreht, aufgeladen mit Spannung und Wahnsinn.

Um die Selbstverständlichkeit des Übertriebenen und Absurden, die sich durch die Musik und den Text zieht, zu betonen, setzt Bechtolf auf stark überzeichnete Gesten, eine mechanisierte Darstellung von Emotionen und eine ritualisierte Körpersprache. Dieses Vokabular prägt die Inszenierung und führt stringent und dramaturgisch gekonnt durch den Abend.

Wiederaufnahme im November: Tomasz Konieczny in der Titelrolle

Im November kehrt die frenetisch gefeierte Produktion zurück auf die Bühne – diesmal mit KS Tomasz Konieczny in der Rolle des mysteriösen Goldschmieds Cardillac. Konieczny, bereits in früheren Aufführungen gefeiert, bringt mit seiner eindringlichen Interpretation eine neue Intensität in die Rolle des obsessiven Künstlers, der nicht imstande ist, sich von seinen eigenen Schöpfungen zu trennen und deshalb alle Käufer seiner Preziosen ermordet.

Herausragende Besetzung unter der Leitung von Cornelius Meister

Neben Konieczny wird das Ensemble von Cornelius Meister angeführt und verspricht eine hochkarätige Besetzung: Vera-Lotte Boecker als Cardillacs Tochter, Gerhard Siegel als Offizier, Stephanie Houtzeel als Dame, Daniel Jenz als Kavalier und KS Wolfgang Bankl als Goldhändler. Die Wiederaufnahme dieser Inszenierung bringt somit nicht nur den gefeierten Star der Produktion zurück, sondern auch eine beeindruckende Ensembleleistung auf die Bühne.