Über das Werk
Alban Bergs Wozzeck erzählt die Geschichte einer gepeinigten Kreatur, die, von Visionen und Ängsten bedrängt, von der Gesellschaft verlacht und gequält, aus ihrer Existenz getrieben wird – bis es zur finalen Katastrophe kommt und aus dem Opfer auch ein Täter wird.
Wozzeck
Handlung

Um seine Freundin Marie und ihren kleinen Buben ausreichend finanziell unterstützen zu können, geht Wozzeck mehreren unterschiedlichen Nebenverdiensten nach: So rasiert er zum Beispiel regelmäßig den Hauptmann, schneidet Stöcke oder stellt sich dem Doktor für fragwürdige medizinische Experimente – wie eine Bohnen- und Schöpsenfleischdiät – zur Verfügung. Ruhelos und von peinigenden Wahnvorstellungen getrieben, hetzt er von einer Tätigkeit zur nächsten, ständig dem Spott und den Sadismen des Hauptmanns und Doktors ausgesetzt. Einzigen Halt bietet ihm das Verhältnis zu Marie. Doch diese fühlt sich vom attraktiven Tambourmajor angezogen, mit dem sie schließlich eine sexuelle Beziehung eingeht.
Da Wozzeck bei ihr zwei neue Ohrringe entdeckt, schöpft er einen ersten Verdacht. Aber auch eindeutige boshafte Anspielungen des Doktors und Hauptmanns machen ihm klar, dass er von Marie betrogen wurde. Von ihm zur Rede gestellt, weist Marie Wozzeck brüsk zurück.
Als er sie auch noch in der Öffentlichkeit mit dem Tambourmajor tanzen sieht und dieser ihm gegenüber wenig später sogar von ihren körperlichen Vorzügen schwärmt, beschließt Wozzeck, Marie zu ermorden.

Beim nächsten Zusammentreffen mit Marie, draußen in der Natur, setzt er sein Vorhaben um und tötet Marie mit einem Messer. Nachdem Margret und andere kurz darauf an Wozzeck Blut entdecken, kehrt dieser an den Tatort zurück, um das weggeworfene Messer noch besser zu verstecken, dabei taucht er immer tiefer ins Wasser ein und ertrinkt. Der von anderen Kindern gehänselte Bub Mariens bleibt als Vollwaise zurück: noch zu klein, um das Geschehene verstehen zu können.
Regisseur Simon Stone ist es ein Anliegen, die jeweils zu erzählende Geschichte in eine Welt zu versetzen, die dem jeweiligen Publikum präsent und bekannt ist. So spielt seine Wozzeck-Inszenierung nicht nur in der Gegenwart, sondern zusätzlich in Wien – unter anderem in einer Wiener U-Bahnstation oder vor einer AMS-Servicestelle. Dabei schildert er einerseits eine äußere Sicht auf das Leben des Underdogs Wozzeck, seine Beziehungen zu den anderen Menschen, seine Umgebung, seine Welt und wechselt andererseits – aufsetzend auf die expressionistische Musik Bergs – immer wieder die Perspektive und wird Teil des Innenlebens des Titelhelden, um zu veranschaulichen, was die äußeren Umstände in ihm bewirken.
Dass Wozzeck durch den Mord an seiner Lebensgefährtin Marie ein Femizid begeht, also seinerseits zum Täter wird, ist für Simon Stone allerdings nicht aus seiner Opferrolle heraus zu erklären. Der Einzige, der in diesem Werk wirklich keine Schuld auf sich lädt, ist für ihn der als Vollwaise zurückbleibende kleine Sohn Wozzecks und Maries.
Der weltweite Erfolg von Wozzeck fußt nicht zuletzt auch auf der expressionistischen Emotionalität der Musik, die in ihrer Grundhaltung spätromantisch ist – auch wenn der Komponist die traditionelle Tonalität bereits überwunden hatte. Alban Berg gelang es zudem, in der Musik des Wozzeck auch etwas zutiefst Österreichisches zu verankern, gewissermaßen einen musikalischen Dialekt, der geprägt ist von den typisch österreichischen Tanzformen wie Ländler, Walzer, Marsch und Polka. (Franz Welser-Möst)
1914 erlebte Alban Berg in den Wiener Kammerspielen eine Aufführung von Georg Büchners Woyzeck und war vom Gesehenen so beeindruckt, dass er augenblicklich an eine Vertonung des Stoffes dachte. Für das Libretto, das Berg selbst einrichtete, wählte er Szenen aus der Vorlage aus, stellte um und kürzte. Die musikalische Konzeption erfolgte im Wesentlichen gleichzeitig. Der Erste Weltkrieg und andere Verpflichtungen hinderten ihn allerdings an einem schnellen Weiterkommen und so war das Particell erst 1921, die Partitur erst 1922 finalisiert. 1924 erklangen in Frankfurt konzertant Teile der Oper, die eigentliche Uraufführung ging am 14. Dezember 1925 an der Berliner Lindenoper über die Bühne, fünf Jahre später fand an der Wiener Staatsoper schließlich die Wiener Erstaufführung statt. Die aktuelle Produktion feierte 2022 ihre Premiere.