Über das Werk
Im Zentrum von Věc Makropulos steht ein Rezept für ein das Leben verlängerndes Elixier, das der Arzt Hieronymus Makropulos für Kaiser Rudolf II. erfand. Ausprobiert wurde es an der schönen Tochter des Arztes, die seit nunmehr 337 Jahren auf der Erde weilt und im Laufe der Generationen zahllose Affären durchlebt. Schlussendlich muss die nur scheinbar junge Frau aber erkennen, dass ein endloses diesseitiges Leben nur Einsamkeit bringt...
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Makropulos
Handlung
In einer Anwaltskanzlei: Das Ende des langen Erbschaftsprozesses ist angebrochen. Die Sache scheint für Albert Gregor (dem Nachkommen Ferdinand Gregors) verloren. Sein Anwalt, Dr. Kolenatý trifft gemeinsam mit einer geheimnisvollen Sängerin, Emilia Marty, ein.

Zum allgemeinen Erstaunen kennt diese Hintergründe des Erbschaftsstreits – und verweist auf ein bis dahin unbekanntes Testament des Barons, das daraufhin gefunden und von Dr. Kolenatý in Begleitung des Prozessgegners Jaroslav Prus herbeigeschafft wird. Emilia Marty interessiert sich jedoch in erster Linie für ein griechisches Dokument, das dem Testament beiliegt. Albert Gregor verliebt sich in Emilia Marty.
In einem Opernhaus, nach einer Vorstellung Alle sind begeistert vom Gesang Emilia Martys, doch diese reagiert größtenteils unhöflich und abweisend. Sie wendet sich einem alten Mann namens Hauk-Šendorf zu, der in ihr eine verflossene Geliebte zu erkennen glaubt. Jaroslav Prus eröffnet ihr Ungenauigkeiten in ihren Testamentsaussagen und behält das griechische Dokument für sich.

Emilia Marty versucht daraufhin seinen Sohn, Janek, der bis dahin in die junge Sängerin Krista verliebt war, dazu zu gewinnen, seinem Vater die Unterlagen zu entwenden. Doch Jaroslav Prus verhindert dies. Um das Schriftstück dennoch zu erhalten, verspricht Emilia Marty Jaroslav Prus eine gemeinsame Nacht.

In einem Hotelzimmer: Jaroslav Prus ist nach der besagten Nacht ob der Kälte Emilia Martys enttäuscht. Dennoch übergibt er ihr das gesuchte griechische Dokument. Wenig später trifft die Nachricht ein, dass sein Sohn Janek aus Liebe zu Emilia Marty Selbstmord begangen hat. Kolenatý, sein Assistent Vítek, Jaroslav Prus sowie Albert Gregor erfahren im Gespräch mit Emilia Marty die Geschichte ihres Lebens. Das besagte griechische Dokument, das sie gesucht hatte, ist das über 300 Jahre alte Rezept, mit dessen Hilfe Emilia Marty ihr Leben noch einmal verlängern möchte. Doch sie entscheidet sich letztendlich anders und beschließt zu sterben. Krista verbrennt das Dokument.
Regisseur Peter Stein und sein Team zeigen in dieser Inszenierung geschickt das Ineinandergreifen unterschiedlicher Zeitebenen, in denen das Vergangene auf Dauer aber keinen Platz mehr im Heute finden kann und daher verlöschen muss. Dass der zweite Akt, der das Innere eines Opernhauses nach einer Vorstellung wiedergeben soll, einen Blick von der Bühne in den gespiegelten Zuschauerraum der Wiener Staatsoper zeigt, ist als ironische Verbeugung vor dem Genius Loci gedacht.
Věc Makropulos gehört zu den Spätwerken Janáčeks. Dementsprechend sind das folkloristische Element und die Sprachmelodien als mikromusikalische Bausteine der Komposition nicht mehr so vorherrschend wie in den früheren Opern. Janáčeks hat vielmehr mit sehr komplexen Rhythmen, Klangstrukturen, Klangregistern und Harmonien experimentiert, ohne dabei die klassische Tonalität über Bord zu werfen.
Wichtig war ihm zudem die genaue Schilderung des vielfältigen psychologischen Innenlebens jedes einzelnen Charakters auf der Bühne – insbesondere dem Orchester kommt dabei die Funktion des Kommentators und Aufdeckers von Unterbewusstem und Unbewusstem zu. Da für Janáčeks Kunst nicht nur die Aufgabe besitzt, zu unterhalten oder zum Nachdenken anzuregen, sondern auch emporzuheben, schließt die Oper, außerdem, wie alle seine Bühnenwerke, auf hymnisch-kathartische Weise.
Der Komponist Leoš Janáček stand im Herbst seines Lebens, als er sich Věc Makropulos (Die Sache Makropulos) zuwandte. Vorlage für diese Oper, die sich intensiv mit dem Tod, dem Sterben und der Frage nach der Sinnhaftigkeit eines unendlichen diesseitigen Lebens auseinandersetzt, war die gleichnamige Komödie von Karel Čapek, die Janáček in Prag erleben durfte. Begeistert erwarb er sich die Vertonungsrechte und fertigte auch das Libretto auf Basis des Originaltextes an. Nach rund zweieinhalb Jahren war das Werk abgeschlossen.
Janáček, damals um die 70 Jahre alt und sehnsüchtig in seine deutlich jüngere Muse Kamila Stösslová verliebt, hatte zum Thema unendliches Leben eine klare Meinung, die er in einem Brief an ebendiese Muse formulierte: »Wir sind deshalb glücklich, weil wir wissen, dass unser Leben nicht zu lange währt. Deshalb ist jeder Augenblick zu nutzen, gehörig auszuleben.« Die Staatsopern-Erstaufführung des 1926 in Brünn uraufgeführten Werks fand erst sehr spät, 2015 im Zuge eines neuen Janáček-Zyklus statt, es inszenierte die Regielegende Peter Stein.