
Über das Werk
In Kürze
Desdemona hat sich in den ausländischen General Otello verliebt und gegen den Willen ihres Vaters geheiratet.
Jago, ein intriganter, bösartiger Fähnrich Otellos, will diesen zerstören. Und tatsächlich gelingt ihm dies auf raffinierte Weise: er kann Otello nach und nach überzeugen, dass seine Abgöttin Desdemona ihn betrügt. Erst nachdem Otello daraufhin seine Frau voller Hass und Eifersucht ermordet hat, wird ihm ihre Unschuld klar. Voller Reue ersticht sich Otello und nimmt sterbend mit einem Kuss Abschied von der geliebten Toten.
Otello
Handlung
Desdemona, die Tochter des venezianischen Senators Brabantio, liebt den im Dienste Venedigs stehenden erfolgreichen ausländischen General Otello und heiratet ihn heimlich ohne Wissen ihres Vaters.

Als Brabantio vom eifersüchtigen Roderigo, der sich seinerseits zu Desdemona hingezogen fühlt, aber vom Vater abgewiesen wurde, über diese Ehe unterrichtet wird, bricht er erbost auf, um Otello zu verhaften. Zur gleichen Zeit wird allerdings die Neuigkeit verbreitet, dass die türkische Kriegsflotte Kurs auf das von Venedig besetzte Zypern hält.

Otello wird vom Dogen zum Oberbefehlshaber der Verteidigung ernannt und da sich herausstellt, dass Otello ein gern gesehener Gast im Hause Brabantios war, auch seine Ehe mit Desdemona gebilligt – Brabantio muss einlenken. Jago, ein Fähnrich Otellos, der bei einer Beförderung zum Hauptmann zugunsten Cassios übergangen wurde, hasst seinen Herrn, sinnt auf Rache, kann sich jedoch dessen Vertrauen erschleichen.

Während eines Gewittersturmes kehrt Otello als Sieger über die Türken von einer Seeschlacht nach Zypern zurück.
Jago verspricht Roderigo, dass Desdemona einst ihm gehören solle, und hetzt ihn gegen Cassio auf, den er betrunken macht, so dass es zum Streit zwischen Cassio und Roderigo kommt. Ein Tumult entsteht, den Otello schlichtet. Er degradiert Cassio und ordnet Ruhe an. Nur Otello und Desdemona bleiben zurück, berauscht vom gemeinsamen Liebesglück. Dem degradierten Cassio rät Jago, Desdemona um Fürsprache bei Otello zu bitten.

Kaum ist Cassio gegangen, bekräftigt Jago seinen Glauben an die eigene Bösartigkeit, die er zu seinen Gunsten nützen kann, seinen Glauben an die Ausgeliefertheit des Menschen an ein böses Schicksal und seinen Unglauben über ein Weiterleben nach dem Tod.
Während Cassio vor Desdemona tritt, schürt Jago Otellos Eifersucht, der die beiden bei ihrem Gespräch aus der Ferne beobachtet. Als Desdemona ihren Gatten dann tatsächlich bittet, Cassio zu verzeihen, reagiert Otello entsprechend wütend.
Heimlich entreißt Jago seiner Gattin Emilia – der Kammerfrau Desdemonas – ein Taschentuch ihrer Herrin und redet Otello ein, er habe Cassio im Schlaf Desdemonas Namen aussprechen hören und bei ihm ihr Taschentuch gesehen. Otello schwört Rache.
Jago lässt Otello ein Gespräch zwischen ihm und Cassio belauschen,

Jago lässt Otello ein Gespräch zwischen ihm und Cassio belauschen, von dem Otello nur einige verfänglich scheinende Bruchstücke aufschnappen kann. Dabei hält Cassio das ihm von Jago zugespielte Taschentuch Desdemonas in Händen.
Lodovico, ein venezianischer Gesandter, erscheint, um Otello seine Ablösung mitzuteilen. Als der sich gedemütigt fühlende, seiner Sinne kaum noch mächtige Otello wenig später Desdemona zornig zu Boden schleudert, fliehen alle entsetzt aus dem Saal. Jago triumphiert über den ohnmächtig niedersinkenden Otello.

In ihrer Kammer begibt sich Desdemona, von düsteren Ahnungen geplagt, zu Bett. Otello nähert sich der Schlafenden, weckt sie und wirft ihr Untreue vor. Vergebens beteuert sie ihre Unschuld, Otello erwürgt sie. Der Lärm ruft Emilia herbei. Sie klärt den Sachverhalt mit dem Taschentuch auf, worauf Jago die Flucht ergreift. Otello ersticht sich und nimmt mit einem Kuss Abschied von der geliebten Toten.
Die aktuelle Inszenierung – es ist die insgesamt achte an diesem Haus – stammt von Adrian Noble, der die Handlung gemeinsam mit seinem Ausstatter Dick Bird an den Beginn des 20. Jahrhunderts verlegt, um die Spannungen, die sich durch den Gegensatz zwischen der lokalen Bevölkerung und der fremden venezianischen Militärmacht ergeben, vor dem Hintergrund des Kolonialismus zu beleuchten. Zusätzliche Inspirationsquellen für die Produktion waren für Noble und Bird die künstlerischen Auseinandersetzungen skandinavischer Dramatiker und Maler mit dem Thema Eifersucht, das Shakespeare einst als gefährlichste menschliche Emotion einstufte.
Musikalisch stellt die Vertonung von Shakespeares Othello den Schlusspunkt von Verdis lebenslangen Bemühungen dar, dem standardisierten Schematismus des italienischen melodramma den Atem des wahren Dramas einzuhauchen. Die Formen und Formeln ordnen sich dem von Verdi spätestens seit den 1850er-Jahren erstrebten »Ganzen« unter und sind nicht mehr musikalischer Selbstzweck, sondern erstehen allein aus der immanenten Gesetzmäßigkeit des Dramas, das sie beglaubigt.
So groß Verdis Begeisterung für das Werk Shakespeares auch war, im Endeffekt basierten nur drei seiner Opern auf Vorlagen des englischen Dramatikers – neben Macbeth waren dies seine zwei letzten Werke für das Musiktheater, also Otello und Falstaff, die er beide auf Libretti seines ehemaligen künstlerischen Kontrahenten Arrigo Boito komponierte. Die gemeinsame Arbeit an Otello dauerte rund sieben Jahre, ehe die Oper am 5. Februar 1887 an der Mailänder Scala erfolgreich uraufgeführt wurde. In kürzester Zeit wurde Otello weltweit nachgespielt, so auch in Wien, wo die Oper am 15. Marz 1888 an der Hofoper, der heutigen Staatsoper, zur österreichischen Erstaufführung gelangte.
Die vieraktige Oper, die ursprünglich den Titel Jago hatten tragen sollen, weist im Vergleich mit Shakespeare einige offensichtliche äußere Unterschiede auf: So wurde zum Beispiel der erste Akt des Schauspiels weggelassen, dafür aber mit dem Credo des Jago eine Selbstreflexion eingefugt, die ihn als Bösewicht klarer fassbar erscheinen lasst als im Sprechstuck.