Über das Werk
Es sollte eigentlich der schönste Tag für Susanna und Figaro werden: Ihr Hochzeitstag. Doch der Graf Almaviva stellt der Braut nach.
Don Basilio belästigt Susanna mit seiner Fürsprache für den Grafen, Marcellina will den alten Ehevertrag mit Figaro einklagen und Doktor Bartolo unterstützt sie dabei, auch aus altem Zorn gegen Figaro. Und dann ist da noch der Page Cherubino der in alle Frauen verliebt ist und den alle Frauen um sich haben wollen, am liebsten als Mädchen verkleidet … Nur mit den vereinten Kräften von Figaros Fantasie, Susannas Klugheit und der Unterstützung der betrogenen Gräfin kann es gelingen, diesen »tollen Tag« an ein glückliches Ende zu bringen.
Handlung
Der Morgen des Hochzeitstages von Susanna und Figaro. Figaro vermisst das Zimmer, das der Graf Almaviva als Wohnraum für ihn und Susanna bestimmt hat. Susanna ist mit der Wahl des Zimmers, das zwischen den Gemächern des Grafen und denen der Gräfin liegt, nicht einverstanden.
Der Graf, so erklärt sie Figaro, bereue, auf seinen Ländereien das Herrenrecht abgeschafft zu haben, das dem Herrn die erste Nacht mit jeder neuen Braut sichert. Nun mache er ihr Avancen. Das Zimmer habe er ausgesucht, um in Susannas Nähe zu sein. Figaro schwört, die Pläne des Grafen zu durchkreuzen.
Marcellina will alte Ansprüche auf Figaro geltend machen. Sie hat ihm seinerzeit ein Darlehen gewährt. Kann er es nicht zurückzahlen, muss er sie heiraten, so steht es im Vertrag. Doktor Bartolo unterstützt seine Haushälterin Marcellina, um sich an Figaro zu rächen. Bartolo wollte die nunmehrige Gräfin einst selbst heiraten, aber der Graf kam ihm zuvor – mit Figaros Unterstützung.
Der Page Cherubino bittet Susanna um Hilfe: Der Graf hat ihn am Vorabend im Zimmer von Susannas Cousine Barbarina erwischt. Nun will er ihn entlassen. Susanna soll die Gräfin bitten, ein gutes Wort für Cherubino ein- zulegen. Als der Graf eintritt, versteckt sich Cherubino.
Von seinem Versteck aus hört er, wie der Graf Susanna bedrängt. Als die Stimme Don Basilios zu hören ist, muss sich auch der Graf verstecken, um nicht in kompromittierender Lage entdeckt zu werden. Er wählt ausgerechnet Cherubinos Versteck. Der Page kann sich rechtzeitig retten und wird von Susanna unter einem Tuch verborgen.
Don Basilio wirbt bei Susanna für den Grafen. Als er erwähnt, dass alle im Schloss die Schwärmerei Cherubinos für die Gräfin bemerkt hätten, kommt der Graf wütend aus seinem Versteck hervor. Susanna und Basilio versuchen beide, den Grafen zu beschwichtigen. Der Graf demonstriert, wie er am vergangenen Abend Cherubino bei Barbarina erwischt hat. Dabei hebt er das Tuch an, unter dem Cherubino sich versteckt, und entdeckt ihn erneut.
Figaro führt Bedienstete herein, die dem Grafen für seine Großmut danken, das »Recht der ersten Nacht« abgeschafft zu haben. Figaro bittet den Grafen, Susanna den weißen Schleier als Zeichen der Keuschheit anzulegen. Der Graf verspricht, die Zeremonie abzuhalten, ersucht aber um Aufschub.
Cherubino bittet den Grafen um Vergebung. Der gewährt sie, macht Cherubino aber zum Offizier bei seinem Regiment, was bedeutet, dass der Page unverzüglich nach Sevilla abreisen muss.
Die Gräfin trauert der Liebe des Grafen nach. Von Susanna lässt sie sich über die Verführungsversuche des Grafen Bericht erstatten. Figaro plant eine doppelte Intrige. Durch Basilio soll dem Grafen ein Brief überbracht werden, in dem die Gräfin einer Affäre bezichtigt wird. Susanna soll zugleich dem Grafen ein Rendezvous gewähren, zu dem Cherubino in Frauenkleidern geschickt werden soll, um den Grafen zu düpieren.
Susanna und die Gräfin sind dabei, Cherubino zu verkleiden, da klopft der Graf an die Tür. Schnell wird Cherubino in einem Kabinett versteckt und die Tür verschlossen. Auch Susanna versteckt sich. Der Graf, durch Figaros Billett in Rage versetzt, vermutet bei seiner Frau einen Liebhaber. Ein Geräusch im Kabinett scheint seinen Verdacht zu bestätigen, er verlangt, dass die Tür geöffnet werde. Die Gräfin erklärt, Susanna probiere dort ihr Hochzeitskleid, und weigert sich. Der Graf will Werkzeug holen, um die Tür gewaltsam zu öffnen, und zwingt die Gräfin, ihn zu begleiten. Die Tür zum Zimmer der Gräfin verschließt er von außen. Susanna holt Cherubino aus dem Kabinett. Der Page rettet sich durch einen Sprung vom Balkon in den Garten. Susanna schließt sich im Kabinett ein.
Die Gräfin gesteht ihrem Mann, dass Cherubino sich im Kabinett befände. Der Graf ist außer sich und beschuldigt sie der Untreue. Da tritt Susanna aus dem Kabinett. Der Graf ist verwirrt, die Gräfin erklärt, ihn nur auf die Probe gestellt zu haben. Das kompromittierende Billett habe Figaro verfasst.
Figaro kündigt die Musikanten für die Hochzeit an. Der Graf fragt ihn nach dem Billett. Figaro gibt sich unwissend.
Der Gärtner Antonio, Barbarinas Vater, kommt wütend gelaufen: Jemand sei vom Balkon in den Garten gesprungen und habe seine Nelken zertrampelt. Er verdächtigt Cherubino. Figaro erklärt, er sei gesprungen. Antonio will ihm daraufhin das Papier übergeben, das Cherubino beim Sprung verloren hat. Der Graf nimmt das Papier an sich. Es ist das Offizierspatent des Pagen. Mithilfe der Einflüsterungen Susannas und der Gräfin findet Figaro die passende Erklärung: Auf dem Patent fehle das Siegel, darum habe es ihm der Page gegeben.
Marcellina, Bartolo und Basilio verlangen, dass Figaro den Vertrag mit Marcellina einhält. Der Graf verspricht, die Sache zu prüfen.
Die Gräfin und Susanna planen nun ihre eigene Intrige. Susanna soll den Grafen um ein Rendezvous bitten, die Gräfin will an ihrer Stelle hingehen. Figaro wird nicht eingeweiht.
Der Graf spricht sein Urteil: Figaro muss Marcellina die geforderte Summe zahlen oder sie heiraten. Durch einen Zufall stellt sich aber heraus, dass Figaro Marcellinas verloren geglaubter Sohn ist. Der Vater ist Doktor Bartolo. Die hinzukommende Susanna wird in die neuen Familienverhältnisse eingeweiht. Aus der geplanten Hochzeit soll eine Doppelhochzeit werden, denn auch Marcellina und Bartolo wollen nun heiraten.
Barbarina will Cherubino als Mädchen verkleiden. Unerkannt soll er so mit ihr und anderen Mädchen der Gräfin Blumen überbringen. Die Gräfin hadert mit dem Schicksal, das sie in eine so unwürdige Lage gebracht hat. Antonio hat Cherubinos Hut gefunden und folgert, dass sich der Page noch im Schloss befinden muss. Die Gräfin und Susanna schreiben eine Einladung an den Grafen. Susanna wolle ihn nachts im Garten treffen. Das Siegel, eine Nadel, soll er als Zeichen des Einverständnisses zurückschicken.
Als Cherubino mit den Mädchen bei der Gräfin eintrifft, wird er von Antonio enttarnt. Barbarina erinnert den wütenden Grafen daran, dass er ihr als Gegenleistung für Zärtlichkeiten die Erfüllung jeden Wunsches versprochen hat. Nun wünsche sie sich Cherubino zum Ehemann. Die Zeremonie zur Vorbereitung der Doppelhochzeit nutzt Susanna, um dem Grafen den Brief zuzustecken.
Barbarina hat die Nadel verloren, die ihr der Graf für Susanna gegeben hat. Sie erzählt Figaro arglos vom Auftrag des Grafen. Figaro, den die Frauen nicht eingeweiht haben, verdächtigt nun Susanna der Untreue. Er weint sich bei Marcellina aus. Die glaubt an Susannas Unschuld und warnt sie vor Figaros Zorn. Figaro hat Bartolo und Basilio als Zeugen für Susannas Untreue in den Garten bestellt.
Susanna und die Gräfin sind in ihren vertauschten Kleidern im Garten eingetroffen. Susanna weiß von Figaros Eifersucht und singt, um ihn zu reizen, ein Liebeslied, das der versteckte Figaro als an den Grafen gerichtet interpretiert.
Cherubino kommt des Weges und sieht die als Susanna verkleidete Gräfin. Er will die Gelegenheit nutzen, um von der vemeintlichen Susanna einen Kuss zu verlangen. Während die Gräfin sich noch gegen Cherubino zur Wehr setzt, trifft der Graf ein. Cherubino verschwindet, und der Graf bemüht sich vehement um seine verkleidete Frau, die er für Susanna hält. Erst als er Stimmen hört, lässt er von ihr ab.
Figaro erkennt die als Gräfin verkleidete Susanna an ihrer Stimme. Er tut aber so, als hielte er sie für die Gräfin und umwirbt sie heftig, bis sie wütend auf ihn einschlägt. Figaro klärt Susanna auf und die beiden versöhnen sich.
Um den Grafen zu provozieren, markieren Figaro und die verkleidete Susanna eine Liebesszene. Der Graf schreit um Hilfe. Im Dunkeln stöbert er Cherubino, Barbarina und Marcellina auf. Figaro und Susanna bitten heuchelnd um Vergebung, der Graf schlägt sie ab. Als die Gräfin ihre Verkleidung lüftet, durchschaut der Graf die Lage. Er bittet nun seinerseits die Gräfin um Vergebung, die sie ihm gewährt.
Alle feiern das Ende des tollen Tages und den Beginn des Hochzeitsfestes.
In Barrie Koskys temporeicher Inszenierung müssen Susanna und Figaro sich von dem engen Zwischenraum, den ihnen der Graf zugewiesen hat, durch die Prachträume des Almaviva-Palais kämpfen, ehe sich im vierten Akt endlich der Außenraum als Perspektive auftut. Barrie Kosky: »Wir wissen von Shakespeare, dass ein Garten oder ein Wald – vor allem am Abend – ein demokratischer Raum ist. Dort ist alles möglich.«
Wolfgang Amadeus Mozart hatte in Lorenzo Da Ponte endlich den lange gesuchten Dichter gefunden, der »das Theater versteht«. Die Lust an der wunderbaren Theaterdichtung Da Pontes ist in jede Note von Mozarts Musik eingegangen, großartig komponierte Ensembles wie das Sextett im Dritten Akt fordern die Spielfreude der Sängerdarstellerinnen und -darsteller geradezu heraus. Aber auch die Arien, die Mozart etwa für die Figur der Gräfin Almaviva schreibt, sind nicht nur unvergleichliche Musikstücke, sondern auch musikdramaturgisch klug gedachte stille Momente, in denen die Handlung nicht einfach stillsteht, sondern vielmehr ruhig zu atmen scheint.
Es war wohl ein Wagnis, das Wolfgang Amadeus Mozart und Lorenzo Da Ponte gleich bei ihrer ersten Zusammenarbeit eingingen, auf jeden Fall aber eine im Wien des späteren 18. Jahrhunderts vollkommen unübliche Vorgehensweise: Eine neue Oper zu beginnen, ohne dafür zuvor beauftragt worden zu sein, ohne gesicherte Aussicht auf eine Aufführung oder gar Entlohnung. Obendrein stellte die vom Komponisten gewählte Vorlage, Beaumarchais’ Komödie Le Mariage de Figaro, eine Realisation der geplanten Oper auf einer öffentlichen Bühne zusätzlich infrage — hatte doch Joseph II. die Aufführung des mit revolutionärem Zündstoff aufgeladenen Schauspiels noch 1785 mit der Begründung untersagt, dass »das Stück viel Anstößiges« enthalte. Lorenzo Da Ponte verzichtete auf Figaros adelskritischen Monolog aus Beaumarchais‘ Vorlage, der Grundton aber blieb – und so ist womöglich etwas Wahres an der Darstellung in den oft sehr freien Memoiren des Librettisten, es sei am Ende seinem, Da Pontes, diplomatischem Geschick geschuldet gewesen, dass der Kaiser die Uraufführung von Le nozze di Figaro am 1. Mai 1786 im Hofburgtheater schließlich persönlich anordnete.