Calixto Bieito
Calixto Bieito ist Spanier. Er kam in Miranda de Ebro (Burgos) zur Welt und lebt in Basel. Er studierte Literatur und Kunstgeschichte an der Universität Barcelona, Regie am Theaterinstitut der Disputació und Performance an der Escuela de Arte Dramático in Tarragona. Seine künstlerische Profilierung verdankte Calixto Bieito den Anfängen in Barcelona, wo er zehn Jahre lang das Teatre Romea leitete, in Salamanca das Festival Internacional de las Artes de Castilla y León organisierte und mit dem Barcelona Internacional Teatre (bit) eine weltweite Plattform für Projekte von Künstlern und Bühnen schuf. Schönbergs »Pierrot lunaire« am Teatre Lliure war seine erste Arbeit für das Musiktheater. Ihr folgten die Zarzuela »La verbena de la Paloma« am Teatro Tivoli in Barcelona und »Carmen« beim Festival Castell de Peralada. Shakespeares »Macbeth« in Salzburg (2001) und »Hamlet« in Edinburgh (2002) führten Calixto Bieito hinaus über die engere Heimat. Drei heftig diskutierte Inszenierungen in Hannover folgten Schlag auf Schlag. Mozarts »Die Entführung aus dem Serail« an der Komischen Oper Berlin begründete und befestigte schließlich seinen Ruf und Ruhm, einer der europaweit führenden Regisseure zu sein. Geliebt und gehasst, behauptete sich die Inszenierung vierzehn Jahre lang im Repertoire des Hauses. Was alle seine Arbeiten kennzeichnet, in der Oper wie im Schauspiel und neu entwickelten Formaten, ist eine Perspektive der Gegenwärtigkeit. Ohne sie zu »aktualisieren«, findet Calixto Bieito in jedem Text zum Hier und Heute. Er bringt dramaturgische Reflexion und theatralische Energie auf einen Nenner. Impulsivität und Bildkraft führen direkt zum Kern der Stücke. Wie prägend die Jahre der theatralischen Formation seinen Ruf auch bestimmt haben: Calixto Bieitos Sturm und Drang liegt weit zurück. Seine inhaltlichen Interessen sind so vielfältig wie deren künstlerische Umsetzung. Ins Zentrum rücken immer deutlicher die Fragen unseres Seins, und damit auch Calixto Bieitos Entschlossenheit, sich als Partner und Anwalt zeitgenössischer Autoren zu verstehen. Bedeutende Persönlichkeiten wie Jonathan Little und Karl Ove Knausgård standen 2019 im Brennpunkt musiktheatralischer Uraufführungen in Antwerpen und Bergen. Natürlich sind es immer wieder die Hauptwerke vieler Epochen, mit denen sich Calixto Bieito auseinandersetzt, von Monteverdis »L’incoronazione di Poppea« (Zürich) und Purcells »The Fairy Queen« (Stuttgart) über »Don Giovanni« und »Carmen« bis zu Verdis »La forza del destino« (ENO London), aber deren »Traditionen«, echte wie falsche, spielen in seiner Arbeit keine Rolle. Es ist die Essenz der Werke, die Calixto Bieito zu destillieren und theatralisch zu artikulieren weiß, von Schönbergs »Moses und Aron« (Dresden) über Zimmermanns »Die Soldaten« (Zürich/Berlin/Madrid) bis zu Reimanns »Lear« (Paris). Weitab vom Kanon der Opernliteratur setzt sich Calixto Bieito immer häufiger mit geistlicher Musik auseinander. Beginnend mit Brittens »War Requiem«, Verdis »Messa da Requiem« und Gesualdos Madrigale, wandte er sich Bachs »Johannes-Passion« zu. Monteverdis »Vespro della Beata Vergine« und Mendelssohn Bartholdys »Elias« folgten. Calixto Bieito wurde 2009 von der Kulturstiftung Pro Europa in Basel mit dem Europäischen Kulturpreis ausgezeichnet. Er gewann Preise in Dublin, Edinburgh, München, London und Bilbao, den Premio Franco Abbiati in Italien und viele Auszeichnungen in Spanien, darunter den Premio Ciudad de Barcelona, Premios Líricos Campoamor, Premios Ópera XXI und Premios Ópera Actual. Seit 2017 ist Calixto Bieito auch der Künstlerische Leiter des Teatro Arriaga in Bilbao. Zwei Wiederentdeckungen baskischer Komponisten, Arriagas »Los esclavos felices« und Usandizagas »Mendi-Mendyan«, gehörten zu den Höhepunkten seiner ersten Spielzeiten. Gegenwärtig inszeniert Calixto Bieito mit seinem Team an der Opéra de Paris Wagners »Der Ring des Nibelungen«.