Unser Ensemble: Samuel Hasselhorn im Porträt

Es ist noch nicht einmal ein Jahr her, seit der aus Deutschland stammende Samuel Hasselhorn ins Ensemble der Wiener Staatsoper kam und sein erfolgreiches Debüt als Ottokar im Freischütz gab. Dennoch wird er hier mittlerweile bereits mit den wichtigsten Partien bedacht, die in seinem Fach zur Auswahl stehen: So kann das Publikum den jungen Bariton im Juni, September und März als Belcore in Elisir d’amore erleben, als Barbiere-Figaro im Oktober, als Tusenbach in Péter Eötvös’ Tri Sestri im März oder als Graf in Mozarts Nozze di Figaro im kommenden Mai. Das wäre an sich schon beachtenswert, wenn man nicht berücksichtigte, dass Hasselhorn zunächst hauptsächlich als Lied- und Konzertsänger reüssieren konnte und noch nie zuvor fix an einem Haus engagiert war. Wer aber den noch nicht einmal Dreißigjährigen auf der Bühne erlebt, dem wird klar, wieso es zu diesem Senkrechtstart kommen konnte: Da ist einer, der künstlerisch etwas zu sagen hat, gestaltet, der sogleich überzeugt – stimmlich wie darstellerisch –, einer, der nicht einfach sein „Ding“ abliefert, sondern sich ins musikalische Zwiegespräch mit den anderen Beteiligten begibt (eine heutzutage selten gewordene Eigenschaft). Kurzum: Man spürt eine echte, unprätentiöse Liebe zur Musik. Und genau diese bestätigte er in einem vor kurzem geführten Gespräch auch: Von Kindheit an sei sie da gewesen, wäre stetig gewachsen, hätte ihn verleitet in kleineren Chören zu singen, Fagott zu lernen. Nein, nicht die Anziehungskraft der Bühne, nicht die Aussicht auf ein Sich-Präsentieren-Können war ausschlaggebend gewesen, den Beruf des Sängers zu ergreifen, sondern die Freude, an der Musik arbeiten zu dürfen. Freilich, dass Samuel Hasselhorn zusätzlich noch ein gesundes Maß an Perfektionismus aufweist, will sagen, sich nicht zufrieden gibt, ehe er die anstehende Arie, Rolle, das aufzuführende Lied optimal umzusetzen vermag, gereicht ihm sicher nicht zum Schaden. Das erwähnte Gespräch fand übrigens mitten in einer der von Christian Thielemann dirigierten Endproben zur Frau ohne Schatten-Premiere statt. Sozusagen zwischen zwei Auftritten – und trotzdem in einer entspannten Atmosphäre, denn aus der Ruhe bringen, lässt er sich offenbar grundsätzlich nicht.

Vom berühmten Schubladendenken in der Musikbranche auf Grund hervorragender Leistungen zunächst in die Konzert- und Liedschublade gedrängt, ruhte Hasselhorn nicht, bis ihm auch die eine oder andere Musiktheaterbühne für erste freie Engagements die Pforten öffnete. Schließlich wäre ein Sänger ohne Opernerfahrung in seinen Augen „kein vollständiger Sänger“, zumal die unterschiedlichen Genres Lied, Oratorium, Konzert und Oper sich gegenseitig befruchten würden. Insbesondere die technische Versiertheit ließe sich auf der großen Bühne eines Theater eher überprüfen und verbessern als im kleineren Konzertsaal. Und genau die gute Technik wäre ja nicht nur für das vokale Grundüberleben so nötig, sondern auch für die ideale Vermittlung des Emotionalen. „Man kann nun einmal bestimmte Farben, Gefühle, Atmosphären nicht an das Publikum transportieren, wenn stimmtechnische Schwächen vorlägen“, so Hasselhorn. Aber auch das Interagieren mit der übrigen Besetzung, das Lernen von Regisseuren und Dirigenten, das Aufgehen in einer bestimmten Rolle, machen für Hasselhorn die Opernbühne inzwischen zu etwas Unverzichtbarem.

Samuel Hasselhorn ist zugleich ein genau Hinhörender, der der Vielschichtigkeit, der reichen Farbigkeit einer Rolle nachspürt und sich nicht mit etwaigen tradierten monochromen Aufführungsgewohnheiten zufrieden gibt. Beim Einstudieren einer Partie werden die persönlichen Gefühle bei jeder einzelnen Phrase genau festgehalten und für die spätere Gestaltung genützt, Strukturen in Ensemblestellen bis ins Detail herausgearbeitet.

Und so wie er sich von Stimmen und Interpretationen großer Vorbilder rühren lässt, möchte auch er die Emotionen der Zuhörenden ansprechen und nützt dazu auch die während einer Vorstellung vorherrschende Spannung und Energie, die sich zwangsläufig zwischen Bühne und Publikum aufbaut. Allerdings: Der Gefahr des Schielens nach Bestätigung, sprich der Verführung, dem Affen um jeden Preis Zucker geben zu wollen, erliegt Samuel Hasselhorn nicht. Ihn selbst muss das Ergebnis zunächst zufrieden stellen, erst danach käme die Dankbarkeit für die Zustimmung seitens des Publikums. Oder anders ausgedrückt: Wann immer Hasselhorn auf einer Bühne steht, möchte er die Zuschauerinnen und Zuschauer einladen, an dem teilzuhaben, das ihm so großen Spaß bereitet...

Andreas Láng


Die Frau ohne Schatten | Richard Strauss
Premiere: 25. Mai 2019
Reprisen: 30. Mai 2019, 2., 6., 10. Juni 2019

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L´elisir d´amore | Gaetano Donizetti
17., 25. Juni 2019

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