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© Marco Borrelli
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Superstars unter sich

Their Master’s Voice entführt in die Welt des Theaters, erzählt aber auch über barocke Kunst. Wie kam es zu diesem Projekt, das Sie geschrieben und inszeniert haben?

Ich kenne Cecilia Bartoli und John Malkovich schon seit vielen Jahren und habe mit beiden in der Vergangenheit zusammengearbeitet – mit John konnte ich im Lauf der Jahre, neben einem Kinofilm drei Musiktheater-Projekte entwickeln und diese auf der ganzen Welt in mehr als hundert Städten spielen: The infernal Comedy, Casanova Variations und Just call me God. In eine solche Malkovich’sche Theaterwelt wollte Cecilia Bartoli eintauchen – und sie schlug auch den Themenbereich – die Barockoper der Kastraten – vor. Ich wollte aber keinesfalls ein illustrierendes, historisierendes Stück entwickeln, sondern die Frage der Repräsentation auf der Bühne auf humorvolle Weise in den Mittelpunkt rücken: Wer soll, wer kann, wer darf einen Kastraten darstellen? Wer ist der echte Farinelli und was kann der uns heute noch sagen? Herausgekommen ist eine Geschichte rund um einen alternden, nicht mehr aktiven Opernsänger, der zurück auf die Bühne will. Ich erfand eine
fiktive Figur namens Jeff Himmelhoch, einen New Yorker Countertenor, der behauptet, Farinellis eigenhändige Lebenserinnerungen gefunden zu haben. Aus diesen Erinnerungen macht er einen Theaterabend – und scheitert.


Also Theater im Theater.

Ja, das Ganze beginnt mit einer Probe, bei der das Publikum zuschauen kann, wie ein Stück entsteht und noch allerlei Details diskutiert werden. Wir zeigen also einen Theaterbetrieb, wollen uns aber auch ein bisschen über diesen lustig machen, über die Eitelkeiten und all das, was man backstage so erleben kann. Es geht aber auch um die Frage, wer heute die Kastratenrollen gestalten soll – Kastraten gibt es ja zum Glück nicht mehr. All das wird auf eine augenzwinkernde und spielerische Art thematisiert. Und wir haben eine einzigartige Besetzung: Eben Cecilia Bartoli und John Malkovich, aber auch die wunderbare Emily Cox, die spätestens seit der Serie The Last Kingdom
ein Superstar auf Netflix ist. In ihrem Fall kommt dazu, dass ihre Eltern klassische Musiker sind und dieses Projekt für sie daher ein Ausflug in eine ganz vertraute Welt ist. Philipp Mathmann wiederum ist ein fantastischer junger Sopranist, gleichzeitig aber auch Spezialist für Gendermedizin und Vizedirektor einer Universitätsklinik. Ein junger Mann, der unsere Fragen nach sich verändernden Geschlechterpositionen und Identifikation sowohl wissenschaftlich medizinisch als auch politisch und künstlerisch erforscht, eine fantastische Besetzung!


Wie bezeichnen Sie das Projekt? Oper? Musiktheater?

Was halten Sie von Musiktheaterperformance? Es ist jedenfalls kein Konzert, sondern ein szenischer Abend in fantastischen Kostümen von Renate Martin, mit eindrucksvollen Theaterbildern von Andreas Donhauser und barocker Opernmusik von Georg Friedrich Händel, Antonio Vivaldi, Nicola Porpora, Giovanni Battista Pergolesi und Claudio Monteverdi, unglaublich inspiriert interpretiert von den Musiciens du Prince – Monte Carlo unter der Leitung von Gianluca Capuano. Es wird also ein ungewöhnlicher Opernabend mit der wunderbaren Cecilia Bartoli und mit John Malkovich.


Wie angesprochen, verbindet Sie mit John Malkovich eine enge künstlerische Partnerschaft. Was zeichnet ihn aus?

Ich kann mittlerweile sagen: Uns verbindet inzwischen eine künstlerische Freundschaft! Wir arbeiten seit 15 Jahren zusammen, und John ist in den oben genannten Stücken mit meinen Texten in unzähligen Theatern auf der ganzen Welt aufgetreten. In all den vielen Vorstellungen habe ich nicht einen einzigen Moment erlebt, in dem er sein persönliches Interesse über das gemeinsame Projekt gestellt hätte. Er liebt das Theater tatsächlich aus ganzem Herzen, er liebt die Arbeit mit den Kolleginnen und Kollegen. Immer geht es ihm um die Sache, die genaue Interpretation einer Rolle, um das Stück. Und niemals geht es ihm darum, einfach zu glänzen, er riskiert immer alles, der sichere Erfolg interessiert ihn nicht.


Und die Musik? Wie ist sein Zugang als Nicht-Sänger?

Er ist hochmusikalisch, liebt Musik nicht nur, er ist von ihr fasziniert, davon, wie stark sie sein kann, eine Partnerin, stärker als er selbst. Und dass es daher unmöglich ist, als Darsteller gegen sie zu spielen. Schon als Kind hat er die Wiener Sängerknaben auf dem Disney Channel gesehen und davon geträumt, mitsingen zu dürfen, jetzt darf er mit Cecilia singen...


Viele kennen ihn vor allem als Filmschauspieler, als Hollywood-Star…

… wobei er sich niemals für Hollywood interessiert hat. Malkovich ist ein Teamplayer und er liebt seine Kollegen und künstlerischen Partner über alles. Noch ganz jung fing er beim Steppenwolf-Theatre an – und wurde als Ensemblespieler ganz nebenbei ein Weltstar. Plötzlich waren Leute wie David Bowie und Jackie Onassis nach der Vorstellung in seiner Garderobe, alle wollten ihn sehen. Er hatte unglaubliche Erfolge im Film, aber kümmerte sich nicht darum, sondern blieb im Ensemble, ganz konsequent, für die gemeinsame Sache. Und das ist bis heute so. Schwierig wird es für ihn nur, wenn einzelne Egos eine künstlerische Zusammenarbeit auf Augenhöhe unmöglich machen. Der Hollywood-Zirkus – der interessiert ihn nicht und den hält er auch nicht aus.


Braucht es diese Unbedingtheit, wenn es um Kunst geht?

Es braucht Mut und Selbstbewusstsein, sich selbst treu zu bleiben. John hat immer konsequent neue Herausforderungen gesucht, deren Ausgang ungewiss war und hat sich damit seine Freude am Theater erhalten. Cecilia Bartoli war auch schon in jungen Jahren eine Sängerin mit einer Ausnahmestellung: Sie brachte die Stärke auf, Engagements von mächtigen Intendanten abzulehnen, die sie für sich und ihre Stimme nicht zuträglich fand. Das hat sie sich bis heute beibehalten und ich habe sie dafür immer in höchstem Maß respektiert. Denn es gibt leider viele, die glauben, sich im Kulturbetrieb verbiegen zu müssen und das macht sie abhängig von Auftraggebern und wechselnden Moden und letztlich unglücklich. Wir alle wissen ja, wie oft Dinge von Zufällen abhängig sind, von den Launen anderer und darauf kann und darf eine künstlerische Existenz aber nicht bauen! Auch davon erzählt unser Stück!!

 Their Master's Voice → 10. Juli 2024