© Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
Täuschend echte Früchte und Tortenstücke, scheinbar halb geleerte Gläser – die Festtafel in der »Salome«-Neuinszenierung
© Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
Werner Schindlauer stellt alles für die Festtafel bereit

MAN TRINKT NICHT ZUFÄLLIG Rotwein

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Wer die Möglichkeit erhält, die märchenhaften Magazine der Requisite zu betreten – anders kann man diese Räume, die zum Bersten mit den vielfältigsten Gegenständen gefüllt sind, nicht nennen – wird aus einem gleichsam verzauberten Staunen nicht herauskommen: Gefäße aller Art, Musikinstrumenten-Attrappen, Fahnen, Körbe, täuschend echt aussehende Torten, ebensolches Obst, Waffen, in die Jahre gekommene Rüstungsteile (aus weichem Kunststoff ), Spazierstöcke, Münzen, Schmuck, gigantomanisch große Rosenkränze, Gürtel, Besen – die berühmten Wunderkammern der Renaissance verblassen geradezu vor diesem Angebot. Und dabei handelt es sich hierbei nur um einen Bruchteil des Vorhandenen, denn sehr vieles liegt gemeinsam mit den Bühnenbildern in Depots außerhalb von Wien. 15 Requisiteure fasst die Abteilung, die über diese Schätze wacht, sie ordnet und vor allem bei den Proben und Vorstellungen bereitstellt beziehungsweise in allen Szenen passgenau in das Spiel integriert, damit die Solistinnen und Solisten das Gewünschte am richtigen Ort und zum richtigen Moment vorfinden. Für die fünf- bis sechswöchigen Probenzeiten einer Neuproduktion werden jeweils zwei Kollegen bestimmt, die von der Konzeptpräsentation bis zur Premiere durchgehend das Werden der Inszenierung begleiten und schließlich alles Notwendige dokumentieren: Auf der großen Probebühne im Arsenal, auf kleineren im Haus selbst und natürlich auf der Bühne. Nach der ersten Vorstellungsserie geht dann das jeweilige Stück gewissermaßen in die Verantwortung aller Mitarbeiter über, die dann je nach Dienstplan zuständig sind.

Der aktuellen Salome-Neuproduktion wurde beispielsweise Werner Schindlauer zugeteilt. Im Zentrum steht für ihn und seinen Kollegen diesmal der große Tisch, an der Herodes’ Festgesellschaft tafelt und die kleinen Beistelltische für die Dienerschaft. »Zunächst müssen 17 üppig ausgestattete Gedecke bereitgestellt werden – man ist gewissermaßen schon beim Dessert angelangt, was durch entsprechende Kuchenimitate auf den Tellern unterstrichen wird«, so Schindlauer. »Für die Jochanaan-Salome-Szene wird dann das Bankett durch eine schwarze Box verdeckt, die vom Schnürboden herunterfährt, sodass wir dahinter ungesehen umbauen können. Denn wenn der Tisch wieder sichtbar wird, wurde schon Obst aufgetragen und der Weißwein der Anfangsszenen durch Rotwein ersetzt.«

Apropos Wein: Da sich der Salome-Tanz um und auf dem Tisch ereignet, werden die (Kunststoff-) Gläser ausnahmsweise nicht mit üblicherweise verwendeten nicht-alkoholischen Säften gefüllt (nicht zuletzt, um die hellen Bezüge der Sessel nicht zu gefährden), sondern sind von innen mit einer Spezialfarbe bemalt worden, die auf die Entfernung den gewünschten Eindruck von halbgefüllten Trinkbehältern hervorrufen. »Dass es im Laufe der Handlung zu einem Getränkewechsel kommt, ist natürlich nicht von ungefähr: Die Farbe des Rotweins korrespondiert wunderbar mit der allgemeinen Lichtstimmung des Schlusses respektive des Blutes der Ermordeten«, weist Werner Schindlauer auf ein atmosphärisches Detail hin.

Die einzelnen Requisiten einer Produktion bekommen erst im Laufe der Probenzeit ihr endgültiges Gesicht, da so manches nur beim Stellen der einzelnen Szenen endgültig definiert werden kann. Wobei die Beschaffung derselben im Allgemeinen aufgeteilt ist: Das meiste wird durch die Dekorationsabteilung besorgt, während die sogenannten (bei dieser Salome nicht benötigten) Verbrauchsrequisiten – wie frische Weintrauben, Luftballons, Säfte, Rasierschaum und ähnliches – von den Requisiteuren eingekauft werden, wie Werner Schindlauer erläutert.

Am Ende einer Probe oder Aufführung müssen die zahllosen Requisiten natürlich sorgfältig eingesammelt und fein-säuberlich verwahrt werden, um sie komplett spielbereit zu halten. Und nach einer abgespielten Serie kommt das meiste in die oben angesprochenen Depots – manches findet allerdings gelegentlich auch in weiteren Produktionen Verwendung und bleibt somit greifbar im Haus.

Ob sich einer der Mitarbeiter der Abteilung schon den Spaß erlaubt hat, die genaue Zahl aller Requisiten zu erfassen? Sie müsste ins Unermessliche gehen...

SALOME
2. (Premiere) / 4. / 8. / 10. / 12. Februar 2023
Musikalische Leitung Philippe Jordan
Inszenierung Cyril Teste
Künstlerische Mitarbeit Céline Gaudier
Bühne Valérie Grall
Kostüme Marie La Rocca
Licht Julien Boizard
Video Mehdi Toutain-Lopez
Video-Livekamera Rémy Nguyen
Choreographie Magdalena Chowaniec
Dramaturgie Sergio Morabito
Mit u.a. Malin Byström / Iain Paterson / Gerhard Siegel / Michaela Schuster / Daniel Jenz / Patricia Nolz