Lebensrollen
Olga Bezsmertna singt im Februar zwei wichtige Partien: die Figaro-Gräfin und Tatjana in Eugen Onegin.
Für praktisch alle Sopranistinnen aus dem Osten Europas ist Tatjana die zentrale Partie. Was macht sie so besonders?
Olga Bezsmertna: Dass so vieles in ihr enthalten ist. Liebe und Verlust, Sehnsucht und Hingabe. Tatjana ist so vielschichtig, dass man in einer Vorstellung nie alle Facetten zeigen kann. Auch das macht die Rolle spannend: Man kann sie in unterschiedliche Richtungen anlegen – und es ist immer Tatjana.
Vielschichtig ist auch ihr Gefühlsleben. Sie liebt Onegin – am Anfang der Oper. Am Ende auch?
Olga Bezsmertna: Ich denke schon. Er war ihre erste große Liebe, und diese Erinnerung bleibt ein Leben lang. Vielleicht ist sie im Laufe der Zeit ein wenig in den Hintergrund gerückt, aber in dem Augenblick, in dem sie ihn wieder trifft, bricht alles auf. Was mir aber wichtig scheint ist, dass sie auch Gremin, ihren Ehemann, liebt. Gäbe es Gremin nicht: dann wäre alles anders. Aber sie hat sich für ihn entschieden und hält sich daran. Genauso wichtig wie die Liebe der Tatjana ist die Frage: Liebt Onegin sie? Auch er hat sich verändert. Ist das echte Liebe? Oder sind das nur Worte? Man weiß es nicht ...
So oder so: Was macht den Onegin sympathisch, liebenswert?
Olga Bezsmertna: Onegin hat schon etwas… Er ist klug, belesen, gebildet. Er kann faszinieren.
Und dennoch langweilt ihn die Welt.
Olga Bezsmertna: Und dennoch langweilen ihn die Welt und das Leben. Er hat eine gewisse Distanz zu seiner Umwelt, zu den Menschen.
Eine Distanz zu den anderen zeigt auch der Graf in Nozze di Figaro. Liegt darin eine Verwandtschaft?
Olga Bezsmertna: In einem gewissen Sinne schon. Wobei der Graf schon aufgrund seiner Stellung automatisch distanziert ist. Vielleicht verbindet die beiden, dass sie sich selbst sehr stark ins Zentrum setzen. Sie sind schon Egoisten, beide. Wenn auch auf jeweils andere Art und Weise. Der Graf ist viel mehr Machtmensch.
Die Gräfin: Ist da noch Liebe zum Grafen?
Olga Bezsmertna: Ja, natürlich. Auch wenn sie viele unschöne Erfahrungen gemacht hat.
Und der Graf? Das „Perdono“ am Ende. Ist das ehrlich?
Olga Bezsmertna: Gute Frage. Ich werde ihn einmal danach fragen… (lacht)
Zurück zu Onegin: Die Briefszene der Tatjana gehört zu den längsten Soloszenen überhaupt. Ist diese Länge eine Herausforderung?
Olga Bezsmertna: Weniger. Ich finde das Finale mit Onegin, knapp 15 Minuten, schwieriger. Da muss so viel gesagt werden! Da müssen so viele unausgesprochene Dinge ausgedrückt werden! So viel Gegensätzliches, Geträumtes, Reales!
Es geht also um den Ausdruck, nicht die technische Bewältigung?
Olga Bezsmertna: An die Technik denke ich im Moment der Aufführung nicht mehr. Davor: Oh ja! Aber mittendrin eher nicht.
Ludovic Tézier sagte vor genau einem Monat über die Dove sono-Arie der Gräfin, dass sie zum Schwersten überhaupt gehört. Wer sie singen kann, kann (fast) alles andere auch.
Olga Bezsmertna: Und da hat er Recht! Genauso ist es! Abgesehen davon: Schon die erste Phrase der Arie ist so genial! Was da alles drinnen ist! Ein ganzes Leben. (summt den Beginn der Arie). Unglaublich!
Wird man ein ganzes Leben reifer, wenn man eine Biografie wie jene der Tatjana oder Gräfin auf der Bühne durchlebt?
Olga Bezsmertna: Kein ganzes Leben. Aber man wird reifer, viel reifer. Man setzt, wie ein Baum, mit jeder Vorstellung einen Jahresring an ...
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