Im Fokus: Die Produktionsleiterin

In dieser neuen Serie wird die Arbeit aller an einer Neuproduktion beteiligten Personen und Abteilungen beleuchtet. Blicken Sie mit uns hinter die Kulissen und erleben Sie, wie eine Neuproduktion entsteht!

Die Produktionsleiterin, Michaela Stark

In der Vorbereitungsphase einer Neuproduktion ist es die Produktionsleiterin, die mit dem Regisseur in Verbindung steht und als Datenflussträ­ger zwischen ihm und der Staatsoper fungiert. Je besser, konkreter, frühzeitiger und flexibler dabei der Austausch ist, umso besser wird es möglich sein, die Insel Neuproduktion im Repertoirefluss Realität werden zu lassen. Um letztlich einen reibungslosen Ablauf der Proben zu gewährleisten, ist es wichtig, zu wissen, wer welche Information braucht und wie die Fäden ineinander gesponnen werden können. Die Kenntnis der Probenzeitsysteme, Kollektivverträge und Betriebsvereinbarungen, ein Grundwissen über den Chorturnus und die Organisation der Statisterie oder, wo und wie man eventuell einen Auftritt im Zuschauerraum realisieren könnte, sind Erfahrungswerte, die sich über die Jahre angesammelt haben. „ … und es hilft auch zu wissen, wo eine Probebühne ist, oder wie man auf die Unterbühne kommt, wenn man einem Regisseur das zeigen soll …“

Wenn Direktor Meyer seinen Wunschregisseur für eine Neuproduktion genannt hat, gilt es zunächst, ihn und sein Team zu engagieren und einen Termin-Fahrplan für Planabgaben und Produktionstreffen in Absprache mit der Technischen- und Kostümdirektion aufzustellen. Danach den Produktionsprobenplan mit dem Regisseur abzusprechen. Die Verträge verhandelt Michaela Stark meist mit den Agenturen, selten mit den Leading-Team-Mitgliedern direkt. Das kann sehr schnell gehen, oder auch in einigen Metern an Mailverkehr enden. Die szenisch/künstlerischen Fragen bespricht sie direkt mit den Regisseuren. Zunächst geht es um den Probenplan. Grundsätzlich enthält ein Produktions-Probenplan im Repertoire der Wiener Staatsoper dieselben Bestandteile, wie auch im Stagione-Betrieb.

Durch die Vorgaben des Repertoires wird es im Zeitablauf allerdings immer schwieriger, den Plan nachträglich zu verändern. Die Zusammenarbeit mit vielen Regisseuren in den letzten Jahren hat gezeigt: keiner von ihnen organisiert sich ganz gleich. Es gibt Regisseure, die ausschließlich chronologisch an ein Stück heran gehen und solche die sehr konzeptbezogen arbeiten. Manche arbeiten ausschließlich mit der Stammbesetzung, andere arbeiten auch mit der Coverbesetzung. Einige wenige brauchen weniger Zeit auf der Bühne, dafür mehr auf der Probebühne. Natürlich ist es wesentlich einfacher, wenn man Präferenzen schon kennt und versuchen kann, diese gleich beim Entstehen der Pläne zu berücksichtigen.

Der „Rohbau“ des Planes zeigt: wie viele Proben finden wann und wo statt, geteilt in musikalische, szenische und technische Proben auf Probebühne und Bühne. In diesen ziehen dann die Menschen ein. Zunächst die Gastsolisten, deren Verfügbarkeiten vorgegeben sind, dann die Gruppen wie Chor und Bühnenmusik. Diese werden in Absprache mit dem Chordirektor und dem musikalischen Studienleiter eingeteilt. Dann die Statisten, die vom Regieteam in einem casting ausgesucht werden. Bei Tanzeinlagen gilt es zunächst, die Verfügbarkeit der Tänzer mit den Kollegen aus der Volksoper abzusprechen, da für beide Häuser eine gewisse Anzahl zur Verfügung steht.

Wenn die Proben einmal begonnen haben, steht die Produktionsleiterin vor allem in Kontakt mit den Regieassistenten und den Gruppenverantwortlichen, um eventuell auftauchende Probleme gar nicht erst aufkommen zu lassen. Oft auch – wenn die Umstände danach stehen – liegen die Lösungen außerhalb der Richtlinien und bedürfen der Absprache mit den Betriebsräten. Und es kann auch einmal sein, dass sie bei einer Orchestersitzprobe vor das bereits vollzählig versammelte Orchester und die Solisten treten muss, um das Nichterscheinen des Dirigenten anzukündigen.

Fernab aller Pläne und Richtlinien, Plan- und Nichtplanbarkeiten ist die Produktionsleiterin Anlaufstelle und Puffer für die Leading-Team-Mitglieder, wenn die Enttäuschung darüber manifest wird, dass Naturgesetze – trotz aller Bemühungen – nicht zu umgehen sind, oder dafür, wo die richtige Stelle ist, ein Fahrrad in Wien zu mieten, für den Cousin, der noch kommt und für den man dann auch ein Zimmer bräuchte.

Z.G.