Ewiges Leben?

Es war sein vorletztes Opernwerk. Der tschechische, genauer: mährische Komponist Leoš Janáček stand im Spätherbst seines Lebens als er sich der Arbeit an Vĕc Makropulos (deutsch: Die Sache Makropulos) zuwandte. Ein Werk, das sich intensiv mit dem Tod, mit dem Sterben und der Frage nach der Sinnhaftigkeit eines ewigen irdischen Lebens auseinandersetzt. Janáček, inzwischen 70 Jahre alt und sehnsüchtig in seine Muse Kamila Stösslová verliebt, hatte zu diesem Thema eine sehr klare Meinung. Wie aus einem Brief an ebendiese Muse zu ersehen ist: „Wir sind deshalb glücklich, weil wir wissen, dass unser Leben nicht zu lange währt. Deswegen ist jeder Augenblick zu nutzen, gehörig auszuleben. Nur Eile in unserem Leben – und Sehnsucht. Letzteres ist meine Bestimmung.“

Die „Sache Makropulos“, das ist das Rezept für ein das Leben verlängerndes Elixier, das der Arzt Hieronymus Makropulos einst für Kaiser Rudolf II. schuf. Ausprobiert wurde es an der Tochter des Arztes, die darum seit mittlerweile 337 Jahren lebt. Im Laufe der Handlung muss sie aber erkennen, dass ein endloses diesseitiges Leben nur Einsamkeit bringt …

Die Oper ist keine heitere, wenn auch die Vorlage des tschechischen Autors Karel Čapek es durchaus war. Denn beim Theaterstück, auf dem das Libretto basiert, handelte es sich um eine Komödie, die erst durch die Umwandlung sowie Kürzungen, die Janáček selbst vornahm, an tragischem Ernst gewann und obendrein eine Kriminalstück-Tendenz dazubekam.

In seinem Kompositionsstil orientierte sich Janáček, der in diesem Aspekt einen sehr persönlichen und absolut eigenständigen Weg beschritt, auch bei diesem Werk am Sprachklang seiner Heimat. Zugleich „benützte“ er die Musik, die aus dem Orchestergraben kommt, nicht nur, um viel über das Innenleben der Figur auszusagen, sondern auch, um durch abrupte Einwürfe die eigene persönliche Meinung zu einer Person oder einer Situation widerzuspiegeln. Gewissermaßen als Kommentar des Schöpfers zum Geschehen.

Im Zuge eines neuen Janáček-Zyklus an der Wiener Staatsoper kam es im Dezember 2015 zur lang erwarteten Erstaufführung von Věc Makropulos im Haus am Ring. In der Inszenierung von Peter Stein und unter der musikalischen Leitung des Hausdebütanten Jakub Hrůša sangen damals unter anderem Laura Aikin (Emilia Marty), Rainer Trost (Albert Gregor), Markus Marquardt (Jaroslav Prus) und Wolfgang Bankl (Dr. Kolenatý) – der am 9. Jänner gezeigte Stream stammt aus dieser mittlerweile legendären Premierenserie.