Diese Cinderella hat nicht nur kleine Füße
Spätestens mit ihrer Oper Cinderella konnte sich die heute zwölfjährige Alma Deutscher als Komponistin internationalen Ruhm sichern. Mit der Premiere am 28. Jänner wird dieses erfolgreiche Werk in der KINDEROPER | AGRANA STUDIOBÜHNE | WALFISCHGASSE nun auch dem jungen Publikum der Wiener Staatsoper präsentiert. Das nachfolgende Gespräch entstand knapp vor Probenbeginn.
Kannst Du Dich erinnern, wann Du zum ersten Mal in die Welt der Oper eingetaucht bist, wann Du zum ersten Mal eine Oper live gehört hast?
Alma Deutscher: Natürlich, dieses Erlebnis werde ich wohl nie vergessen! Obwohl ich damals erst drei Jahre alt war, durfte ich bei den Salzburger Festspielen eine Zauberflöten-Vorstellung ansehen. Ich fühlte mich danach wie im Himmel, durchlebte in meiner Fantasie die komplette Oper immer und immer wieder, konnte und wollte am ersten Abend überhaupt nicht einschlafen und sang tagelang die zweite Arie der Königin der Nacht – ohne allerdings je das hohe f zu erreichen (lacht).
Und Deine eigene erste Oper …
Alma Deutscher: … schrieb ich mit sieben, eine 15minütige Kurzoper namens The Sweeper of Dreams. Sie wurde zuerst in England und danach in Israel aufgeführt. Auf jeden Fall fand ich den gesamten Prozess so aufregend, dass ich beschloss noch eine Oper, diesmal eine abendfüllende, zu schreiben. Und das war dann Cinderella …
Für den Aschenbrödel-Stoff hast Du Dich selbst entschieden?
Alma Deutscher: Ja, denn Cinderella war von Anfang an mein Lieblingsmärchen. Allerdings wäre mir ein nettes Mädchen, das den ganzen Tag den Boden aufwischt und deren einziger Vorzug kleine Füße sind, die in die berühmten goldenen Schuhe hineinpassen, als Opernfigur zu wenig tiefgründig gewesen. Also machte ich aus ihr eine Komponistin, die aber von ihrer bösen Stiefmutter und den bösen Stiefschwestern gezwungen wird stupide Notenkopierarbeiten zu erledigen … und auch den Prinzen habe ich zum Poeten aufgewertet. Ein romantisches Paar also, das darüber hinaus auch ein gemeinsames Interesse hat – die Kunst!
Somit steckt durchaus etwas von Alma in der Cinderella?
Alma Deutscher: Definitiv (lacht).
Wie lange hast Du an Cinderella komponiert? Schriebst Du die Oper in einem Stück oder gab es längere Unterbrechungen?
Alma Deutscher: Ich begann die Arbeit an der Cinderella als ich acht Jahre alt war. Aber ich schrieb sehr langsam und komponierte in der Zwischenzeit eine Reihe anderer Werke, wie mein Violinkonzert, mein Klavierkonzert und Sonaten. Mit zehn bekam ich dann eine Enladung, die Oper in Israel aufzuführen – und das, obwohl sie noch gar nicht fertig war. Also trug ich das gesamte bis dahin entstandene Material zusammen und schrieb und schrieb und schrieb … bis Cinderella fertig war. Als es dann später auch im Casino Baumgarten in Wien zur Aufführung kam, veränderte und verbesserte ich einiges an der Partitur, weil ich zunächst noch nicht zufrieden war.
Ist Cinderella nun genuin eine Kinderoper oder wie Humperdincks Hänsel und Gretel auch ein Werk für Erwachsene?
Alma Deutscher: Letzteres. Cinderella ist in ihrer inhaltlichen und mehr noch in ihrer musikalischen Struktur mehrschichtig, sodass sie das gesamte Publikum gleichermaßen ansprechen kann. Sie ist primär nicht für Kinder geschrieben worden, ist aber dennoch eine Oper, die von Kindern verstanden – und wie ich so oft erfahren durfte – auch geliebt wird. Die nun von der Wiener Staatsoper gezeigte eigens erstellte „Wiener Fassung“ wird einem jungen Publikum auf Grund der Kürzung der Gesamtdauer auf lediglich fünfviertel Stunden zusätzlich entgegen kommen. Aber ganz egal ob jung oder älter: Cinderella soll die Zuschauer bewegen, sie glücklich machen, sie zum Nachdenken bringen, Spannung erzeugen, die Fantasie anregen.
Apropos Fantasie: Du besitzt ein eigenes Fantasieland in das Du Dich gelegentlich zurückziehst …
Alma Deutscher: Nach Transsylvanien. Ich muss nur meine Springschnur nehmen und in den Garten gehen und wenig später bin ich schon „drüben“. Und das Tolle ist, dass mein Transsylvanien von unterschiedlichen Komponisten bevölkert ist – beispielsweise leben dort Antonin Yellowsink oder Shell. Und wenn ich an einer Stelle beim Komponieren nicht weiterkomme, helfen sie mir zumeist mit guten Ideen weiter.
Deine Inspiration kommt also während des Schnurspringens?
Alma Deutscher: Auch, aber nicht nur. Manchmal wache ich mitten in der Nacht auf und es fällt mir eine Melodie ein – dann stehe ich auf und notiere sie. Das kann aber auch in der Früh vor dem Aufstehen passieren oder vor dem Schlafengehen oder am Nachmittag – diesbezüglich gibt es keine Regelmäßigkeit.
Du bist eine Geigerin, eine Pianistin und Komponistin: Würde es Dich reizen zumindest Deine eigenen Werke auch zu dirigieren?
Alma Deutscher: Daran habe ich, ehrlich gesagt, noch gar nicht gedacht. Aber vielleicht später, wenn ich größer bin – warum eigentlich nicht?
Bist Du aufgeregter wenn Du selber als Solistin auftrittst oder wenn eines Deiner Werke aufgeführt wird?
Alma Deutscher: Ich bin nie meinetwegen nervös. Mein Lampenfieber betrifft sozusagen immer die anderen: Können die einzelnen Sänger ihren Part? Verpassen sie gar ihren Einsatz? Sind sie gesundheitlich auf der Höhe und in der Lage die volle Leistung zu bringen? Und so weiter – das kann mitunter wirklich aufregend sein!
Hast Du schon Pläne für eine weitere Oper?
Alma Deutscher: Derzeit noch nicht, dafür schwebt mir aber beispielsweise ein Musical vor. Auch meine Symphonie wartet auf ihre Beendigung …
Wenn Du an andere Komponisten denkst – wie sehen deine diesbezügliche Präferenzen aus?
Alma Deutscher: Zu meinen Lieblingen, die ich zum Teil auch schon gespielt habe, zählen Schubert, Mozart, Tschaikowski – und mittlerweile immer mehr auch Anton Bruckner.
Glaubst Du, dass Musik eine Sprache ist, die jeder automatisch versteht oder muss sie ebenso wie alle anderen Sprachen erlernt werden, um die Details einer Komposition begreifen zu können?
Alma Deutscher: Man muss nicht alles über Musik wissen, um sie zu lieben. Man kann als musikalisch vollkommen Ungebildeter das Radio aufdrehen und die erklingende Musik ebenso genießen wie der Profimusiker – da bin ich mir absolut sicher!
Eine letzte Frage: Dein Vater ist ein international bedeutender Linguist: Hast Du schon mit ihm über seine Forschungen gesprochen?
Alma Deutscher: Noch nicht so viel … ich warte mit der Lektüre seiner Bücher, bis ich älter werde … dann aber sicher (lacht)!
Das Gespräch führte Andreas Láng
Cinderella – Wiener Fassung für Kinder
Premiere: 28. Jänner 2018
Reprisen: siehe aktuelle Monatsspielpläne
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