© Wiener Staatsoper / Axel Zeininger

DIE WIENER STAATSOPER TRAUERT UM SEIJI OZAWA

Die Wiener Staatsoper trauert um Seiji Ozawa, einen der international bedeutendsten Dirigenten der letzten 60 Jahre, der zugleich ein Stück Staatsoperngeschichte geprägt und mitgeschrieben hat.

Schon vor seinem Antritt als Musikdirektor sorgte er regelmäßig für unvergessliche Sternstunden im Haus am Ring, so zum Beispiel gleich bei seinem Debüt 1988 mit Eugen Onegin und in der Folge mit Pique Dame, Falstaff und Neuproduktionen von Ernani und Jenůfa. Ab September 2002 stand er dann bis zu seiner schweren Erkrankung 2010 in unermüdlichem Einsatz für das Haus: Als Premieren- wie als Repertoiredirigent leitete Seiji Ozawa in dieser Zeit 14 unterschiedliche Opern aus drei Jahrhunderten sowie mehrere Festkonzerte (u.a. Der fliegende Holländer, Jonny spielt auf, Manon Lescaut, Wozzeck, Le nozze di Figaro, Così fan tutte, Don Giovanni, Elektra, Pique Dame, Fidelio, Eugen Onegin). Er führte die Staatsoper auch auf Gastspielen zu großen Erfolgen.

Einen besonderen Stellenwert besaß für ihn die Probenarbeit, bei der er mit großer Intensität und Leidenschaft mit allen Beteiligten die jeweiligen Partituren erarbeitete. Darüber hinaus verfolgte er stets mit Aufmerksamkeit das musikalische Geschehen auch bei jenen Produktionen, die nicht von ihm selbst geleitet wurden. Hierarchisches Denken war ihm fremd, jedem im Haus stand dieser bescheidene und zugleich so profunde Kenner der Konzert- und Opernliteratur als Gesprächs- und Diskussionspartner zur Verfügung – immer ausschließlich an der künstlerischen Sache und dem gemeinsamen Ziel orientiert.

2003 initiierte Seiji Ozawa gemeinsam mit Ioan Holender das einzigartige Projekt der Zauberflöte für Kinder, die heute im Haus am Ring vor 7.000 Kindern und den Fernsehkameras ihren zwanzigsten Geburtstag feiert. Er stand dabei nicht nur selbst acht Mal am Pult, sondern er wandte sich in diesem Rahmen auch immer wieder an die vielen jungen Besucherinnen und Besucher, um ihnen auf seine einprägsame, liebenswürdige Weise die Welt der Musik und Oper näher zu bringen: »Wir müssen alles daransetzen«, so Ozawa damals, »den Kindern die Schönheit der Musik nahezubringen. Und wenn wir von den 3.500 Kindern einer Aufführung nur ein Prozent für die Musik begeistern können, ist schon viel erreicht.«

Dass er nach seiner Genesung aus physischen Gründen nicht mehr an die Wiener Staatsoper zurückkehren konnte, schmerzte ihn, das Publikum und die Mitarbeiter des Hauses gleichermaßen.

»Charismatisch, elektrisierend, authentisch und mit unerschöpflich scheinenden Energiereserven durchlebte er jedes von ihm geleitete Werk bis ins kleinste Detail. Für mich war es fast, als würde er glühen in seiner intensiven Hingabe«, so Staatsoperndirektor Bogdan Roščić. »Es war einfach unmöglich, von ihm nicht gepackt zu sein, egal, ob im Konzertsaal oder auf der Opernbühne. Er hat unmittelbar überzeugt und begeistert, und das vom ersten Takt an.«

Vor seiner Amtszeit am Haus am Ring war der am 1. September 1935 geborene Ozawa als Chefdirigent 29 Jahre lang dem Boston Symphony Orchestra verbunden. Er begeisterte aber auch als Dirigent aller anderen führenden Klangkörper ebenso wie bei Opernproduktionen auf den bedeutendsten Bühnen der Welt. Seiji Ozawa wird auch als Orchester- und Festivalgründer in die Musikgeschichte eingehen, der in seinem Einsatz für junge Musiker und die zeitgenössische Musik vorbildhaft war.

Die Wiener Staatsoper hisst zum Zeichen der Trauer die schwarze Flagge.