Der Nussknacker
Ist das klassisch-romantische Ballett auch reich an einschlägigen Sequenzen, so zählen sie zu den schönsten und berühmtesten darunter – die Träume der Clara, welche in manchen Produktionen Marie heißt, um so nicht nur unter den jüngsten Ballettfans Stoff für Diskussionen zu geben.
Gleichwohl ob Clara – wie in der vom Wiener Staatsballett gezeigten Fassung von Rudolf Nurejew – oder Marie ist Der Nussknacker seit Generationen eine liebenswerte Weihnachtstradition, die immer wieder aufs Neue Momente der Ruhe und Entspannung schenkt.
Ein Geschenk ist auch die Walnuss selbst, die als Kulturpflanze bis in das siebente Jahrtausend vor Christus zurückgeführt werden kann. Ursprünglich stammt sie aus Persien und gelangte am Handelsweg nach Asien und Südeuropa. Sowohl im antiken Athen wie auch später in Rom galt sie als Speise der Götter – bereits Galen (einer der bedeutendsten Ärzte des Altertums) nutzte die Blätter der Walnuss im zweiten Jahrhundert nach Christus zu Heilzwecken, heute liegen vielfältige Erkenntnisse zu den unterschiedlichsten gesundheitsfördernden Wirkungen von Inhaltsstoffen aus Nüssen auf den menschlichen Organismus vor.
Als die Pflanze im Zuge ihrer Verbreitung über Gallien Deutschland erreichte, wurde sie zunächst als „Walchbaum“ bezeichnet, erst im 18. Jahrhundert kam der Begriff „Walnuss“ auf. Der historische Beginn ihrer kommerziellen Nutzung liegt nach Gabriela Schwarz (Gesund mit Nüssen, München 2012) verblüffend nahe zur Entstehung des Balletts, das 1892 in St. Petersburg zur Uraufführung gelangte:
Durch spanische Geistliche gelangten Walnussbäume um 1700 nach Kalifornien, wo ein Gärtner namens Joseph Sexton 1868 in der Nähe von Santa Barbara den ersten Walnussgarten anlegte und so zum Begründer jener Plantagen wurde, die bis heute eines des größten Anbaugebiete der Welt darstellen.
Dabei benötigt der Baum Geduld: Sein Höhenwachstum endet erst nach 80 Jahren, wobei er das doppelte Alter und eine Höhe bis zu 30 Meter erreichen kann – womit die gesamte bisherige Aufführungsgeschichte des Nussknackers bequem in einem „Baumleben“ Platz findet, wobei sich diese in Anbetracht der unzähligen Fassungen, die bisher vom Nussknacker entstanden sind, ähnlich „verästelt“ darstellt wie Krone und Blattwerk der mächtigsten „Titanen“.
Nurejews Choreographie des Klassikers ist eine an „Inhaltsstoffen“ besonders reiche Züchtung; eine Vielzahl an Schritten und Schrittkombinationen stellen die Solistinnen und Solisten vor anspruchsvolle Aufgaben, sodass so manche technische Höchstleistung zu knacken ist – die kostbaren Früchte aller Art werden auf diese Weise noch vielen Generationen von Claras und Maries Stoff zum Träumen und damit dem Ballettnachwuchs Hoffnung auf eine große Bühnenkarriere geben : „Denn wer wagt durch das Reich der Träume zu schreiten, gelangt zur Wahrheit.“ (E.T.A. Hoffmann)
Beim Wiener Staatsballett sind in dieser Spielzeit Kiyoka Hashimoto, Liudmila Konovalova bzw. Natascha Mair sowie Davide Dato, Robert Gabdullin und Vladimir Shishov in den Hauptrollen zu sehen.
Der Nussknacker | Rudolf Nurejew
25. (nachmittags und abends), 27., 29. Dezember 2018, 2., 4. Jänner 2019