33 Fragen an…
Die Solokorrepetitoren sind das musikalische Rückgrat der Wiener Staatsoper: Acht einander ergänzende, erfahrene Künstlerpersönlichkeiten aus sechs verschiedenen Nationen (Österreich, Deutschland, Italien, Frankreich, Russland, USA) mit den unterschiedlichsten Werdegängen. Hervorragende Pianistinnen und Pianisten, die die aufgeführten Werke bis in ihre feinsten Verästelungen kennen. Erste Ansprechpartner der Dirigenten auf den Proben, Garanten dafür, dass die ihnen anvertrauten Sängerinnen und Sängern zur jeweils höchstmöglichen vokalen und interpretatorischen Qualität geführt werden. Im Opernalltag auf die unterschiedlichsten Wirkungsstätten im Haus verstreut, haben sich Annemarie Herfurth, Stephen Hopkins (Stellv. Studienleiter), Tommaso Lepore, Kristin Okerlund, Cécile Restier, Julia Simonyan, Jendrik Springer (Musikalischer Assistent des Musikdirektors) und Anton Ziegler im Dezember auf der Eberhard Waechter-Bühne versammelt und auf unsere Bitte einen Proust’schen Fragebogens beantwortet.
Wie alt waren Sie, als Sie begonnen haben Klavier zu spielen?
Annemarie Herfurth: 7 Jahre (mit Unterricht), wer hat nicht vorher schon probiert?
Stephen Hopkins: 8 Jahre
Kristin Okerlund: 3 Jahre
Julia Simonyan: 6 Jahre
Jendrik Springer: 5 Jahre
Anton Ziegler: 5 Jahre
Warum haben Sie begonnen Klavier zu spielen?
Annemarie Herfurth: Ich wollte das können, was mein Papa konnte.
Stephen Hopkins: Es hat Spaß gemacht, es war wie ein neues Spiel.
Kristin Okerlund: Meine Mutter ist eine Klavierlehrerin. Ich habe in ihren Stunden immer zugehört und habe dann versucht alles nachzuspielen.
Julia Simonyan: Ich wollte die Melodien die ich hörte, selber spielen können
Jendrik Springer: Es stand ein Instrument bei uns in der Wohnung herum...
Anton Ziegler: Da bin ich einem gesungenen Versprechen von Jopi Heesters auf den Leim gegangen.
Ihr Lieblingskomponist?
Annemarie Herfurth: Bach - für mich das A und O in der Musik, er erdet mich in allen Lebenslagen; Bruckner und Wagner - da geht mir das Herz auf.
Stephen Hopkins: Liszt – sein umfangreiches Œuvre als Komponist (Symphonische Dichtungen), Pianist (u.a. virtuose Variationen über Oper, Ungarische Rhapsodien, Liebesträume) und Dirigent (hat die Uraufführung von Lohengrin dirigiert)
Tommaso Lepore: Ravel: Zaubermusik!! Opernkomponist: Puccini – seine Melodien sind mitreißend und erinnern mich an meine Heimat.
Kristin Okerlund: Ich habe keinen Lieblingskomponisten, ich liebe, was ich im Moment mache!
Cécile Restier: Das ist vollkommen unmöglich zu beantworten!
Julia Simonyan: Bach, Mozart, Rachmaninow, Tschaikowski, Verdi, Strauss. Die Musik von jedem dieser Komponisten fasziniert mich ganz besonders
Jendrik Springer: Brahms! (Aber nicht wegen der Tatsache, dass er keine Oper geschrieben hat.)
Anton Ziegler: Richard Wagner – der Komponist meiner Lieblingsoper.
Ihre Lieblingsoper?
Annemarie Herfurth: Humperdincks Hänsel und Gretel – das war die Initialzündung für meine Opernbegeisterung; Der Ring; Tristan und Isolde – Wagners Opern ziehen mich jedes Mal vollkommen in ihren Bann; Die Gezeichneten – eine wunderbare Oper mit sehr berührender Musik und Text; Elektra – packend psychologisch; Die englische Katze - saukomisch
Tommaso Lepore: Turandot: tolle Musik, fantastische Arien, perfekte Mischung von italienischer Melodie und exotischen Farben…und die erste Oper, die ich überhaupt komplett gehört habe.
Kristin Okerlund: Figaro, Bohéme, Tosca, Ring, Peter Grimes, etc.
Cécile Restier: Die, die ich gerade spiele… da wir sehr viele Werke spielen, gibt es hier einen steten Wechsel
Julia Simonyan: Le nozze di Figaro – bringt immer gute Laune mit
Jendrik Springer: Ich bin immer hin- und hergerissen zwischen Tristan, Meistersinger und Parsifal
Anton Ziegler: Die Meistersinger von Nürnberg – nicht zuletzt aufgrund der angenehmen Jahreszeit, in der die Handlung spielt.
Ihre Lieblingsfigur in einer Oper?
Annemarie Herfurth: Mime in Siegfried und die Hexe in Hänsel und Gretel – beide eigentlich böse, aber aufgrund witziger und intelligenter Sprach- und Musikbehandlung absolute Sympathieträger
Stephen Hopkins: Es gibt so viele – auf Deutsch am liebsten Papageno und auf Italienisch muss es Nemorino sein
Tommaso Lepore: Sind zwei: Madama Butterfly und Nemorino. Beide ganz naiv, aber sie lieben ohne Grenzen, und die Liebe ist die stärkste Motivation für ihre Tat…leider hat nur der eine am Ende Glück.
Kristin Okerlund: Scarpia. Ich würde so gerne Scarpia singen. Unglaublich schöne Musik und so ein fieser Charakter!
Cécile Restier: Isabella in L’italiana in Algeri: Sie ist eine starke Frau und bekommt alles, was sie will!
Julia Simonyan: Tatiana aus Eugen Onegin, eine der wunderschönsten und stärksten Figuren, integer, natürlich, einfach und fähig zu tiefem, aufrichtigem Gefühl
Anton Ziegler: Monsieur Taupe aus Capriccio. Ehre wem Ehre gebührt!
Die für Sie eindrucksvollste Passage in der Opernliteratur?
Annemarie Herfurth: Gespräch Brünhilde und Wotan plus Feuerzauber im 3. Akt Die Walküre, Abendsegen und der Traum in Hänsel und Gretel, Ouvertüre Die Gezeichneten, 2. Akt Tristan und Isolde, Arie Pamina »Ach, ich fühl´s« in Die Zauberflöte (nur ein paar Beispiele – es gibt für mich noch sehr viel mehr)
Stephen Hopkins: Interessanteweise, fast immer die Zwischenspiele wo kein Sänger dabei sind (z.B. Intermezzo aus Cavalleria rusticana oder Siegfrieds Tod). Mich persönlich berühren oft am intensivsten.
Tommaso Lepore: Zweifellos »Amami Alfredo«, 2. Akt Traviata!
Kristin Okerlund: Isoldes Liebestod
Cécile Restier: Es ist schwer, von der Hinrichtung Jochanaans in Salome nicht beeindruckt zu sein
Julia Simonyan: Das Ende des zweiten Aktes (Duett) und der Übergang zum dritten Akt in Tristan und Isolde
Jendrik Springer: Im 3. Akt des Parsifal der Moment, in dem Gurnemanz den gerade erschienenen fremden Ritter als den zurückgekehrten Parsifal erkennt. Dieses mich jedesmal aufs Neue ergreifende Zwischenspiel enthält sowohl den (wie Simon Rattle es einmal nannte) »längsten Vorhalt der Musikgeschichte« als auch die Stelle, die Bruckner im langsamen Satz der 7. Symphonie aufgreift als Reverenz an den hochverehrten »Meister« Richard Wagner. (Wer einen Peters-Klavierauszug zur Hand hat: Ich spreche von S. 221 unten »Sehr langsam«.)
Anton Ziegler: Tristan und Isolde, 3. Akt, das kurze Orchesterzwischenspiel nach »Die Leuchte verlischt, zu ihr, zu ihr!«
Was gefällt Ihnen am Beruf des Solorepetitor am besten?
Annemarie Herfurth: Der Beruf ist wunderbar vielschichtig: es gibt szenische Proben und Einzelrepetitionen, Logendienste, Tastendienste an verschiedenen Instrumenten, man kennt alles und jeden und kann immer in irgendeiner Form dabei sein. Der Kreativität beim Alles-Darstellen sind keine Grenzen gesetzt.
Stephen Hopkins: Das ein Tag ist nie gleich wie der andere. Auch zwei Vorstellungen wird nie gleich. Eine Rolle zu vorbereiten mit einem Sänger ist immer ein Abenteuer, egal wie oft man das Stück gespielt hat.
Tommaso Lepore: Mit Sängern einstudieren: es ist total faszinierend, was man mit der Stimme machen kann, und die vielen Möglichkeiten zu entdecken, die der Gesang anbietet.
Kristin Okerlund: Ich arbeite gerne mit Sängern: So viele verschiedene Persönlichkeiten und das jeden Tag.
Cécile Restier: Die Möglichkeit, die schönsten Stimmen zu begleiten und mit Sängern und Sängerinnen im Detail an ihren Rollen zu arbeiten (bezüglich des theatralischen Aspekts).
Julia Simonyan: Die Vielfalt der Aufgaben
Anton Ziegler: Es muss sich wohl jedenfalls um vorwiegend immaterielle Interessen handeln.
Was gefällt Ihnen am Beruf des Solorepetitor am wenigsten?
Annemarie Herfurth: Dass es nie genügend Zeit gibt, alles meinem eigenen Anspruch gemäß gut vorzubereiten.
Stephen Hopkins: Wenn man in eine Probe wegen irgendwelche Grund ein(e) Note /Frase/ Stelle/ Arie/Szene/ Akt/ Oper wiederholen muss, obwohl es schon wunderschön gestimmt hat. Das bringt nur Unruhe und Zweifel und letztendlich macht ein Musiker unzufrieden.
Tommaso Lepore: Wenig Freizeit! Und: unser Job ist »hinter den Kulissen«, deswegen wird vom Publikum oft unterschätzt.
Kristin Okerlund: Wenn man Notebashing machen muss.
Cécile Restier: Es gibt wirklich nur wenige Dinge, es wäre übertrieben, diese herauszuheben.
Julia Simonyan: Fällt mir nichts ein
Anton Ziegler: Das Sängersuchen nach Bühnenorchesterproben in labyrinthischen Garderobengängen.
Was halten Sie für die größte künstlerische Tugend?
Annemarie Herfurth: Größtmöglicher Gestaltungswille gepaart mit gut funktionierender Technik, an die ich als Zuhörer nicht denke, weil mich der Vortrag so fesselt und berührt
Stephen Hopkins: Geduld, aufeinander hören
Tommaso Lepore: Andere Leute zu überzeugen und berühren.
Kristin Okerlund: Musikalität
Cécile Restier: Instinkt
Julia Simonyan: Die Fähigkeit, bei einem Zuhörer oder Zuschauer Emotionen und Interesse zu wecken
Jendrik Springer: Die Kombination aus Selbstbewusstsein und Bescheidenheit.
Anton Ziegler: Wahrhaftigkeit (idealerweise begleitet vom Bemühen um halbwegs richtige Intonation)
Was halten Sie für die größte künstlerische Untugend?
Annemarie Herfurth: Sich nicht um Gestaltung und Tiefgründigkeit zu bemühen
Stephen Hopkins: Neid
Tommaso Lepore: Wenn sich Künstler/Innen über ihren Job beklagen…Wir arbeiten für die Kunst, das ist ein absolutes Privileg, man sollte das nie vergessen!
Kristin Okerlund: Wenn ein Sänger unrhythmisch ist
Cécile Restier: Instinkt
Julia Simonyan: Abneigung gegen das Stück, das man gerade aufführt oder kreiert
Jendrik Springer: Eine Tradition nur um der Tradition willen fortzuführen.
Anton Ziegler: Tabletcomputer in musikalischen Proben als Notenersatz
Welche Klaviermarke schätzen Sie am meisten und warum?
Annemarie Herfurth: Als ich nach Wien kam, war Bösendorfer eine große Umgewöhnung für mich. Ich war Steinway gewohnt – der Klang ist sehr direkt, wirkt lauter und etwas stählerner. Mittlerweile liebe ich das Obertonreiche, Singende beim Bösendorfer auch sehr.
Stephen Hopkins: Bösendorfer, aufgrund seines unverwechelbaren warmen Tones und seines leichten, weichen Tastenmechanismus
Tommaso Lepore: Steinway! Ich habe einmal die Fabrik besucht, es war sehr interessant zu sehen, wie ein Klavier gebaut wird; vor allem alle Patente über Stoffe, Messungen usw., die sie zuerst angemeldet haben, waren beeindruckend
Kristin Okerlund: Steinway, da der Ton so klar ist.
Cécile Restier: Wir haben wirklich Glück, täglich auf Bösendorfer-Flügeln zu arbeiten: Ich liebe diesen einzigartigen Klang
Julia Simonyan: Bösendorfer, der hat einen sehr schönen Klang und es ist sehr angenehm darauf zu spielen
Jendrik Springer: Ich bin in Deutschland aufgewachsen mit Steinway, aber habe in meinen inzwischen fast 20 Jahren in Wien Bösendorfer lieben gelernt.
Anton Ziegler: Keine Angabe vor Abschluss eines Werbevertrags.
Ihre wunderbarste Erfahrung in der Oper?
Annemarie Herfurth: Da gab es viele Vorstellungen!! In Wien, in Leipzig, in Bayreuth... Sehr eindrücklich in Erinnerung ist mir auch das Oper-Spielen in der Kindheit mit meinen Geschwistern – inklusive Bühnenbildmalen (auf Bettlaken), Requisitenbasteln (u.a. lebensgroße Puppen als Chorersatz), Programmheftschreiben, Verkleiden, ständiger Rollentausch (wir waren zu viert, die meisten Opern haben mehr Protagonisten), Textlernen und mit der Schallplatte mitsingen.
Stephen Hopkins: Jedes Mal, wenn ich Leo Nucci bei einer szenischen Probe einer Verdi-Oper begleitet habe. Diese Serie von Simon Boccanegra mit ihm und Ferruccio Furlanetto werde ich nie vergessen. Maestro Nucci ist später auch als Renato in Maskenball eingesprungen und ich war eingeteilt Logendienst zu machen. Er war einfach fantastisch – nicht nur beim Singen, auch schauspielerisch und stilistisch. Ich habe nur ein einziges Mal in der Oper geweint: bei seinem Liederabend, als er den Prolog von Pagliacci gesungen hat. Ich wurde so berührt, dass ich die Tränen nicht zurückhalten konnte.
Tommaso Lepore: Die Frau ohne Schatten am Linzer Theater, meine einzige Strauss-Produktion bisher
Kristin Okerlund: Es gibt so viele: Die Arbeit mit Pavarotti, Domingo, Carreras, Bonisolli, Kraus, Gruberova, Zampieri, Raimondi, Nruson, Nucci, etc.
Cécile Restier: Die 3. Leonoren-Ouvertüre in Fidelio in einer Aufführung an der Wiener Staatsoper unter Adam Fischer: ich erinnere mich nur sehr gut an die Energie und den Klang an diesem Abend
Julia Simonyan: Es gibt viele, eine von denen war Dido and Aeneas an der Scala
Jendrik Springer: Man tendiert ja dazu, in der Vergangenheit liegende Ereignisse zu verklären, also nenne ich zwei Vorstellungen aus meiner ersten Wiener Saison (2002/03): die Premieren von Simon Boccanegra mit Gatti, Hampson, Furlanetto und Tristan und Isolde mit Thielemann – und bin mir sehr wohl der Tatsache bewusst, dass ich in 20 Jahren auch Erlebnisse aus der Jetztzeit nennen werde!
Anton Ziegler: Natürlich die Stehplatzfreuden meiner Teenagerzeit.
Ihre schockierendste Erfahrung in der Oper?
Annemarie Herfurth: Dass mein Lieblingssänger seit früher Kindheit – Martin Petzold, damals und heute an der Oper Leipzig – als Monostatos viel zu wenig Applaus bekam (nur weil Bösewichter in der Oper immer weniger Applaus bekommen).
Tommaso Lepore: Eine Uraufführung: Eine Mischung aus Oper und Schauspiel… ich sage den Titel nicht, aber es war peinlich!!!!
Cécile Restier: So manche misslungene Inszenierung
Julia Simonyan: Als schockierend würde ich nichts bezeichnen. 1984 zum Beispiel, war sehr frappant, das war aber das Ziel der Oper.
Jendrik Springer: Der Schlingensief-Parsifal in Bayreuth.
Anton Ziegler: Die Verteuerung des doppelten Espresso in der Kantine um 20 Cent.
Ihr Motto?
Annemarie Herfurth: Alle Emotionen in Musik auszudrücken, hilft ungemein bei der Verarbeitung und macht frei.
Stephen Hopkins: Wenn es nicht kaputt ist, versuchen Sie es nicht zu reparieren.
Tommaso Lepore: Leben und leben lassen
Kristin Okerlund: Immer positiv bleiben und immer auf das höchste Niveau hinarbeiten.
Cécile Restier: Übe und versuche stets, es besser zu machen
Julia Simonyan: Ein Tag ohne Lächeln ist ein verlorener Tag
Jendrik Springer: Lieber zu langsam als im falschen Tempo! (Meine persönliche Abwandlung der wunderbaren Pseudo-Sängerweisheit: »Lieber zu hoch als unsauber!«)
Anton Ziegler: Das Verbreiten von Zweckpessimismus ermöglicht mitunter kollektive Erleichterung darüber, dass es so schlimm gar nicht gekommen ist.
Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen?
Annemarie Herfurth: Gelassenheit mit meinen eigenen Fehlern
Stephen Hopkins: Die Gabe zwei Sachen gleichzeitig gleichermaßen gut zu machen.
Tommaso Lepore: Fliegen…oder Teletransport. Aber das sollten alle Menschen haben, viele Probleme in ganzer Welt wären gelöst!
Kristin Okerlund: Eine schöne Stimme.
Cécile Restier: Es wäre wunderbare, wenn ich mich verdoppeln könnte: Dann könnte ich mich gleichzeitig um meine Kinder kümmern und üben.
Julia Simonyan: Geduld
Jendrik Springer: An zwei Orten gleichzeitig sein zu können, um am unerschöpflichen Kulturleben dieser Stadt noch intensiver teilzunehmen!
Anton Ziegler: Unerwünschte akustische Reize ausblenden zu können
Können Sie Opernvorstellungen als unbeteiligter Zuhörer/Zuhörerin noch genießen?
Annemarie Herfurth: Ja, es kann wunderbar sein (oder auch furchtbar).
Stephen Hopkins: Um ganz ehrlich zu sein: selten. Es ist nicht unmöglich, aber es hängt dann wirklich vom Stück ab.
Tommaso Lepore: Ja, total!
Kristin Okerlund: Nicht oft.
Cécile Restier: Natürlich. So oft es meine Zeit erlaubt: Zum Vergnügen und, um etwas zu lernen.
Julia Simonyan: Genießen – ja, unbeteiligt eher nein.
Jendrik Springer: Ja! Sonst würde ich diesen Job sofort aufgeben! (Ein Stück habe ich in meiner Jugend eine Zeitlang zu häufig gemacht: Carmina burana von Carl Orff. Das brauche ich für den Rest meines Lebens tatsächlich nicht mehr.)
Anton Ziegler: Unbeteiligtes Zuhören erweist sich in der Oper grundsätzlich als sinnlos.
An wie vielen Häusern haben Sie schon korrepetiert?
Annemarie Herfurth: Sieben: Oper Leipzig, Staatstheater Nürnberg, Theater und Orchester Heidelberg, Staatsoper Hannover, Staatsoper Stuttgart, Stadttheater Minden, Wiener Staatsoper
Kristin Okerlund: Fix nur hier.
Cécile Restier: An ca. 15 Bühnen
Julia Simonyan: Insgesamt an drei, und an mehreren Festivals
Jendrik Springer: Vor der Staatsoper hatte ich Engagements in Hamburg (als Anfänger) und in Darmstadt (als Dirigent). Als Gast kommen aber noch ca. ein Dutzend Häuser dazu (Bayreuther und Salzburger Festspiele, Opéra National de Paris, De Nationale Opera Amsterdam, Semperoper Dresden, Festspielhaus Baden-Baden etc.)
Anton Ziegler: In sieben Häusern in drei Ländern
Welche Kunstform mögen Sie neben der Musik am meisten?
Annemarie Herfurth: die bildende Kunst
Stephen Hopkins: Malen.
Tommaso Lepore: Kulinarische Kunst!! ;p
Kristin Okerlund: Malerei
Cécile Restier: Ich mag das Ballett – wobei: auch da ist Musik im Spiel - und dann Literatur… in meiner Tasche befindet sich immer ein Buch
Julia Simonyan: Literatur und Malerei
Jendrik Springer: Literatur!
Anton Ziegler: Literatur.
Wie viele Sprachen sprechen Sie und welche?
Annemarie Herfurth: nur drei: Deutsch, Englisch, Italienisch
Stephen Hopkins: Sagen wir insgesamt fünf: Englisch, Spanisch, Deutsch, Italienisch, ein bisschen Französch und Baskisch.
Tommaso Lepore: Italienisch, Deutsch, Englisch, Spanisch…und ein bisschen Französisch.
Kristin Okerlund: Englisch, Deutsch, Italienisch
Cécile Restier: Meine Muttersprache Französisch, Italienisch, Englisch und Deutsch
Julia Simonyan: Russisch, Italienisch, Englisch, Deutsch, Französisch…
Jendrik Springer: Ich bin leider ziemlich unbegabt, was Fremdsprachen angeht…
Anton Ziegler: Bei Fremdsprachen bin ich ein besserer Zuhörer
Ist es Ihnen peinlich bei den Proben vor professionellen Sängern die Partien der nicht anwesenden Sänger laut zu singen?
Annemarie Herfurth: Nein, es macht großen Spaß und fördert die Kreativität. Die Sänger sind in den meisten Fällen sehr dankbar dafür.
Stephen Hopkins: Gar nicht, das mag ich fast am liebsten von meinem Job. Es ist eine große Ehre, genaugenommen.
Kristin Okerlund: Überhaupt nicht
Cécile Restier: Überhaupt nicht, selbst wenn jemand lachen würde
Julia Simonyan: Gar nicht
Jendrik Springer: Aber nein, ich LIEBE das! (Ob anderen bei der Probe Anwesenden das auch so gefällt, wage ich allerdings fallweise zu bezweifeln…)
Anton Ziegler: Hier vertraut man auf das der Saunaetikette verwandte und ebenso auf Probebühnen geltende Prinzip des geschützten Raumes, welches mich diesbezüglicher Sorgen enthebt.
Was wäre Ihr Alternativberuf gewesen?
Annemarie Herfurth: Gab es nicht, ich liebe meinen Beruf. Falls ich irgendwann nicht mehr Klavier spielen können sollte, werde ich mir etwas anderes an der Oper suchen (müssen).
Stephen Hopkins: Lehrer, glaube ich. Ich habe aber mich immer nur als Musiker gesehen.
Tommaso Lepore: Chef! Oder Architekt (langweiliger)
Kristin Okerlund: Gab es keinen
Cécile Restier: Ich fürchte, ich wäre in allen anderen Berufen nicht zu gebrauchen… wobei: die Arbeit mit Dirigenten und Sängern hat mich viel über Psychologie gelehrt
Julia Simonyan: Schauspielerin oder Ärztin
Jendrik Springer: Mathematiker. Das wollte ich ursprünglich studieren.
Anton Ziegler: Ich bin ja schon im Alternativberuf.
Mit welchem Komponisten würden Sie gerne auf einen Kaffee gehen?
Annemarie Herfurth: Bach, Mozart, Bruckner, Brahms, Korngold
Stephen Hopkins: Mozart, aber dann lieber gleich ein Bier!
Tommaso Lepore: Rossini…aber nicht um über Musik zu reden, sondern über Essen!
Kristin Okerlund: Mozart
Cécile Restier: Mozart und Berg
Julia Simonyan: Mit Mozart würde ich mich gerne beim Kaffee unterhalten
Jendrik Springer: Gustav Mahler. Der ist vor über 100 Jahren gestorben, aber wirkt für mich bis heute wahnsinnig modern (auch als Person)!
Anton Ziegler: Eindeutig mit meinem verehrten Lehrer Kurt Schwertsik, aber der trinkt glaub ich lieber Tee.
Gibt es eine Frage, die Sie einem bestimmten Komponisten gerne stellen würden?
Annemarie Herfurth: Wagner: welche Tempi in seinen Opern er für die richtigen hält; was mit Alberich passiert nach der Götterdämmerung
Stephen Hopkins: An Strawinski ja, aber zu viele und zu spezifische, um sie hier zu beschreiben! Es handelt sich um seinen Stil als Komponist und was ihn inspiriert hat, diesbezüglich so variabel zu sein.
Tommaso Lepore: »Caro Giacomo (Puccini), wie konntest du so schöne Melodien schreiben? Was war deine Inspirationsquelle?«
Kristin Okerlund: Ob alle Regeln, die aufgestellt wurden, wichtig für ihn (Mozart) wären
Cécile Restier: In jeder Oper und an jeden Komponisten… ich hätte mehr als eine Frage
Julia Simonyan: Ich hätte Frage an jeden Komponisten dessen Werk ich gerade spiele :)
Anton Ziegler: An Rossini hätte ich zahlreiche Fragen rund um die Zubereitung von Pasta.
In welcher historischen Zeit würden Sie am liebsten Opernaufführungen erleben?
Annemarie Herfurth: Heute! und: 1876 die ersten Bayreuther Festspiele und: in den 1950er Jahren
Stephen Hopkins: Anfang 20. Jahrhundert dabei sein bei der Premiere von Puccinis La fanciulla del West an der Met.
Tommaso Lepore: 50er Jahre in Mailand, die Zeit von Callas, Di Stefano, Gobbi usw.
Kristin Okerlund: Immer in der Zeit, in denen die Werke geschrieben wurden
Cécile Restier: Ich wäre gerne Zeugin beim Skandal der Uraufführung von Carmen in der Opéra Comique 1875
Julia Simonyan: In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Jendrik Springer: Die ersten Bayreuther Festspiele 1876 hätte ich gern miterlebt!
Anton Ziegler: In den Nullerjahren des 20. Jahrhunderts
Wie motivieren Sie sich?
Annemarie Herfurth: Mit dem Flowgefühl, das aufkommt, wenn ich richtig drin bin.
Stephen Hopkins: Ich brauche keine extra Motivation. Musik reicht mir.
Tommaso Lepore: Ich liebe Musik! Alles, was ich für die Musik mache, lohnt sich.
Kristin Okerlund: Ich liebe meine Arbeit. Motivation ist fast jeden Tag einfach da.
Cécile Restier: Ich möchte immer etwas Neues lernen und entdecken.
Julia Simonyan: Just do it.
Jendrik Springer: Klingt banal, aber die Musik motiviert mich.
Anton Ziegler: Ausreichend Espresso ermöglicht mir die Bewältigung meiner Arbeit, ausreichend Arbeit ermöglicht mir die Finanzierung meines Espresso.
Seit wann sind Sie an der Wiener Staatsoper tätig?
Annemarie Herfurth: Seit der Spielzeit 19/20
Stephen Hopkins: Seit September 2010.
Tommaso Lepore: Seit der »Covid-Spielzeit« 2020/21
Kristin Okerlund: Seit 1993
Cécile Restier: Seit zehn Jahren
Julia Simonyan: Seit September 2020
Jendrik Springer: Seit Herbst 2002.
Anton Ziegler: Seit 2019
Ihr Traum vom Glück?
Annemarie Herfurth: Weiterhin an der Wiener Staatsoper tätig sein zu dürfen
Stephen Hopkins: Meine Familie ist mein größtes Glück.
Tommaso Lepore: Gesund leben.
Kristin Okerlund: Gute Musik und meine Familie
Cécile Restier: Ich glaube, ich bin ziemlich glücklich mit meinem Leben.
Julia Simonyan: Die glücklichen Momente zu erkennen und zu schätzen
Anton Ziegler: Ich bin vor allem glücklich wenn ich nachts gar nichts träume.
Was wäre für Sie das größte Unglück?
Annemarie Herfurth: Meine Selbstwirksamkeit zu verlieren, eine Welt ohne Musik und ohne Theater
Stephen Hopkins: Wenn jemandem, den ich sehr liebe, etwas Schlimmes passieren würde.
Tommaso Lepore: Den Gebrauch der Hände verlieren!!! In dem Fall, Plan B: Maestro suggeritore werden.
Kristin Okerlund: Nicht mehr Klavier spielen zu können.
Cécile Restier: Die Vorstellung, die Fähigkeit des Klavierspielen zu verlieren, ist ein absoluter Alptraum
Julia Simonyan: Ungerechtigkeit
Jendrik Springer: Nicht mehr Klavier spielen zu können.
Anton Ziegler: Keine Angabe.
Was löst bei Ihnen Lampenfieber aus?
Annemarie Herfurth: Der Gedanke, im Moment funktionieren zu müssen, mich beweisen zu müssen
Stephen Hopkins: Kalte Hände, Durst, und mehr Lust zum Musizieren.
Tommaso Lepore: Mit Zeit und Erfahrung habe ich gelernt, das unter Kontrolle zu halten.
Kristin Okerlund: Wenn ich nicht gut vorbereitet bin.
Cécile Restier: Ich gähne andauernd, bevor ich vor die Zuschauer gehe… manche Sänger haben Angst, dass ich einschlafe.
Julia Simonyan: Schwer zu sagen
Jendrik Springer: Aus dem Alter bin ich heraus…
Anton Ziegler: Buchstäblich das Aufleuchten der Lampe bei Orgeldiensten kurz vor Beginn der Tonübertragung in den Saal
Was denken Sie am letzten Tag der Saison?
Annemarie Herfurth: Ferien! Zeit für mich und den Sommer!
Stephen Hopkins: Ich überlege immer was ich vorbereiten muss für die nächste Spielzeit und wie viel Zeit ich werde dafür brauchen.
Tommaso Lepore: Urlaub beginnt!!! Tutti a mare (alle an den Strand)!!!
Kristin Okerlund: Ich freue mich auf Entspannung und normalerweise auf schöne Konzerte und Meisterkurse.
Cécile Restier: Hurra! Eine Spielzeit ist sehr intensiv und Ferien daher sehr willkommen (um sich für die nächste Spielzeit möglichst gut vorzubereiten).
Julia Simonyan: Kaum zu glauben, dass die Saison schon vorbei ist. Ab in den Urlaub!
Jendrik Springer: Den verpasse ich meistens, weil ich dann schon in Bayreuth oder Salzburg bin.
Anton Ziegler: Endlich Zeit zum Wäschewaschen
Was denken Sie am ersten Tag der Saison?
Annemarie Herfurth: Juchuh, es geht wieder los, ich will dabei sein!
Stephen Hopkins: Wie schön der erste Schultag ist. Für mich hat es immer etwas Nostalgisch.
Tommaso Lepore: Urlaub beendet! Tutti a teatro (alle ins Theater)!
Kristin Okerlund: Ich freue mich auf die neue Heerausforderung und bin traurig, dass der Urlaub vorbei ist
Cécile Restier: Hurra! Und dieses Jahr bin ich organisierter als letzte Saison.
Julia Simonyan: Ich freue mich, alle wieder zu sehen!
Jendrik Springer: Ich freue mich auf viele schöne Vorstellungen an der wunderbaren Staatsoper!
Anton Ziegler: Hoffentlich funktioniert meine Magnetkarte noch.
Welche Tonart lieben Sie am meisten?
Annemarie Herfurth: Da bin ich wie eine gute Mutter: ich habe alle gleich lieb.
Stephen Hopkins: A-Dur oder Des-Dur. Schwer zu beschreiben warum. Wahrscheinlich eine Kombination aus dem, wie sie klingen gespielt und gesungen werden und wie sie am Klavier zu greifen sind
Tommaso Lepore: Alle!
Cécile Restier: Ich beantworte dies in einem Moment, in dem ich seit zwei Monaten an Lulu arbeite und Wozzeck studiere. Sie verstehen, dass ich derzeit derzeit zwischen den Tonarten herumirre.
Julia Simonyan: Ich liebe alle Tonarten, und ein D-Dur finde ich besonders sonnenreich
Jendrik Springer: A-dur, Mozarts »Klarinettentonart«.
Anton Ziegler: Des-Dur, warum kann ich mir selbst nicht so richtig erklären. Evtl. aufgrund eines gewissen Desinteresses.
Was darf man einen Solorepetitor/eine Solorepetitorin nie fragen?
Annemarie Herfurth: Hast du auch einen richtigen Beruf? Was machst du vormittags?
Stephen Hopkins: Es gibt leider ein Stigma, dass wir Solorepetitoren kein Solostücke spielen können. Meine Karriere hat definitiv mit Soloklavierrepertoire und Konzerten begonnen - Oper war eine schöne, interessante Fortentwicklung. Wenn man mich fragt, ob ich Solo spielen kann, bin ich immer etwas beleidigt.
Tommaso Lepore: Nichts! Ich würde eher sagen: was MUSS man einen Solorepetitor IMMER fragen? …und die richtige Antwort lautet »Was verlangst du für eine private Stunde?« ;p
Kristin Okerlund: Man darf mich alles fragen.
Cécile Restier: Die französische Bezeichnung von Solorepetitor als »chef de chant« wird oft als Chorleiter missinterpretiert. Und so bin ich mein Leben lang damit beschäftigt, aufzuklären, dass ich weder Chöre noch Orchester dirigiere und… »nein, ich möchte das auch nicht tun!«
Julia Simonyan: Hast Du gerade Zeit? :)
Jendrik Springer: »Müssen wir das wirklich nochmal machen?« (Das fragen glücklicherweise aber eh die wenigsten.)
Anton Ziegler: »Kann ich beim Umblättern helfen?« Zumindest das können wir eigentlich wirklich alle sehr gut selber.