Großer Saal

Zuschauerraum der Wiener Staatsoper

Der Wiederaufbau des Zuschauerraums und der weiteren Innenbereiche der Wiener Staatsoper nach dem Zweiten Weltkrieg zeigt eine meisterhafte Kombination aus Tradition und Modernität. Boltensterns zeitlose, elegante Gestaltung verbindet den klassischen Prunk der ursprünglichen Oper mit den klaren Linien und der Zurückhaltung der 1950er-Jahre. Die umfassenden technischen und sicherheitstechnischen Modernisierungen sichern die Bedeutung der Wiener Staatsoper als ein internationales Zentrum der Opernkultur.

Der Wiederaufbau des Zuschauerraums nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Zuschauerraum der Wiener Staatsoper vollständig neu errichtet. Dabei stand die Frage im Raum, ob die traditionelle Logengestaltung zugunsten eines »demokratischeren« Rangtheaters aufgegeben werden sollte – eine Idee, die unter anderem vom damaligen Wiener Bürgermeister Theodor Körner unterstützt wurde. Auch ein Vorschlag des Architekten Clemens Holzmeister, eigene günstige Hörplätze oberhalb der Bühne zu schaffen, wurde diskutiert, aber letztlich verworfen. Stattdessen beauftragte man den österreichischen Architekten Erich Boltenstern mit dem Wiederaufbau.

Die architektonische Gestaltung des neuen Auditoriums

Boltenstern entschied sich, das ursprüngliche hufeisenförmige Layout des Auditoriums beizubehalten und es modernisiert wiederaufzubauen. Die Struktur des Raums wurde unter Berücksichtigung der heutigen Sicherheitsanforderungen und Materialien neu gestaltet. So wurden zusätzliche Fluchtwege geschaffen, und die Galerie wurde von Arkaden befreit, die früher die Sicht der Zuschauer einschränkten. In der Gestaltung der Innendekoration wählte Boltenstern eine bewusst reduzierte Ästhetik, um dem Raum eine zeitlose Anmutung zu verleihen. Dunkelrot, Gold und Elfenbein dominieren die Farbgebung und bewahren die Tradition des kaiserlichen Stils, jedoch mit einer dezenten, klaren Linienführung, die an den Geschmack der 1950er-Jahre erinnert.

Moderne Technik und Komfort im Zuschauerraum

Mit einem Fassungsvermögen von 2.284 Plätzen, darunter 1.709 Sitz- und 567 Stehplätze sowie spezielle Plätze für Rollstuhlfahrer*innen und Begleitpersonen, bietet der Zuschauerraum heute eine hervorragende Akustik und modernen Komfort. Jeder Sitz- und nahezu alle Stehplätze sind mit Untertitel-Tablets ausgestattet, die das Mitlesen der Opernlibretti in mehreren Sprachen ermöglichen. Die Logenbrüstungen bestehen aus Eisenbeton und sind mit Holz verkleidet, um die Klangqualität optimal zu unterstützen.

Beleuchtung und dekorative Details

Das Herzstück der Beleuchtung ist der 3.000 kg schwere Kristallluster, der sich an der Decke des Zuschauerraums befindet. Mit einem Durchmesser von sieben Metern ist er mit 1.100 Glühbirnen ausgestattet und bietet zudem Raum für einen Wartungsstand. Diese Konstruktion, die aus Gründen der Sicherheit fest in die Decke integriert ist, ersetzt den ursprünglichen Mittelluster und harmoniert mit der traditionellen Farbgestaltung des Auditoriums. Einige Sitzplätze im oberen Rang, die über eine eingeschränkte Sicht verfügen, sind zusätzlich mit Leselampen ausgestattet.

Der Eiserne Vorhang

Der Künstler Rudolf Eisenmenger entwarf den Eisernen Vorhang, der mit einem Motiv aus Glucks Oper Orpheus und Eurydike den Zuschauerraum von der Bühne trennt. Seit 1998 wird dieser Vorhang regelmäßig durch großformatige Kunstwerke ergänzt, die von der Initiative »museum in progress« kuratiert werden. Diese wechselnden Werke schaffen Raum für zeitgenössische Kunst innerhalb des traditionsreichen Hauses und sorgen für einen spannenden Dialog zwischen historischer und moderner Gestaltung.

Orchestergraben und technische Ausstattung

Der Orchestergraben der Staatsoper ist für 110 Musiker*innen ausgelegt und umfasst 123 Quadratmeter, was dem Staatsopernorchester, aus welchem sich die Wiener Philharmoniker bilden, optimale Spielbedingungen bietet. Drei feuerfeste eiserne Vorhänge schützen den Zuschauerraum und die Bühne: ein Hauptvorhang sowie zwei weitere Vorhänge für die Seiten- und Hinterbühne. Die Konstruktion und die Sicherheitsvorkehrungen des Hauses setzen auf Stahlbetondecken, um den Brandschutz zu maximieren und das Gebäude nachhaltig zu sichern.