Bühnenhaus
Ein Meisterwerk moderner Bühnentechnik
Von den hydraulischen Hubpodien über die vielseitigen Probensäle bis hin zur akustisch beeindruckenden Pfeifenorgel im Orgelsaal vereint die Oper traditionsreiche Architektur mit innovativer Technik. Die anspruchsvolle Logistik und das vielfältige Angebot an Proberäumen ermöglichen eine optimale Unterstützung des Opernbetriebs und unterstreichen die Bedeutung der Wiener Staatsoper als weltweit führendes Opernhaus.
Der Wiederaufbau des Bühnenhauses und die Erweiterung der Proberäume
Nach dem Krieg wurde das Bühnenhaus der Wiener Staatsoper innerhalb der erhaltenen Grundmauern neu aufgebaut. Bei diesem Umbau wurden dringend benötigte Proberäume geschaffen, die zuvor gefehlt hatten. Zusätzlich fanden im Bühnenhaus eine Theaterkantine sowie Direktions- und Verwaltungsräume ihren Platz, die man aus dem Zuschauerhaus auslagerte. Um den Proben- und Aufführungsbetrieb zu erleichtern, sind die Künstlergarderoben sowie die meisten Räume mit Lautsprechern und Videomonitoren ausgestattet, sodass das Geschehen auf der Bühne überall verfolgt werden kann.
Moderne Bühnentechnik und Renovierungen in den 1990er Jahren
Zwischen 1991 und 1994 wurde die Staatsoper umfassend modernisiert. Hydraulische Hubpodien und elektromechanische Prospektaufzüge wurden eingebaut, um den Bühnenbetrieb präziser und störungsfrei zu gestalten. Die Stromversorgung erfolgt seitdem über eigene Umspannwerke statt über die Hofburg. Die Modernisierungen im Bereich der Technik, Sicherheit und Infrastruktur blieben für das Publikum unsichtbar, während im Zuschauerraum Malerarbeiten stattfanden und die Logen neue Sitze erhielten.
Auch ein ungenutzter Raum unter dem Walmdach wurde in dieser Zeit als neuer Probesaal ausgebaut. Dieser »Probebühne Eberhard Waechter« benannte Saal bietet akustisch optimale Bedingungen für szenische und Orchesterproben und wurde 1995 offiziell eröffnet. Weitere Probensäle folgten, darunter die größte Probebühne, die 2004 in »Carlos Kleiber Probebühne« umbenannt wurde, um den berühmten Dirigenten zu ehren.
Einzigartiger Orgelsaal und weitere Proberäume
Die Wiener Staatsoper verfügt heute über zusätzliche Proberäume für Chor- und Orchesterproben, darunter der Orgelsaal im sechsten Stock. Dieser Saal ist nicht nur wegen seiner Akustik bedeutsam, sondern auch aufgrund einer monumentalen Pfeifenorgel mit 2.500 Pfeifen, die weltweit einzigartig in einem Opernhaus ist. Bei Bedarf kann ihr Klang in den Zuschauerraum übertragen werden, um besondere akustische Effekte zu erzielen. Zudem stehen den Künstlern zehn schallisolierte Soloübungsräume sowie zwei Ballettsäle zur Verfügung.
Technische Struktur und Bühnenaufbau
Die Hauptbühne der Wiener Staatsoper, eine kombinierte Versenk- und Schiebebühne mit hydraulischem und elektrischem Antrieb, wurde nach dem Krieg neu gebaut und in den 90er Jahren generalüberholt. Die Bühne ist in vier Bereiche gegliedert: Hauptbühne, Hinterbühne, Seitenbühne und Unterbühne. Die Hauptbühne selbst umfasst 675 Quadratmeter und bietet mehr Fläche als der Zuschauerraum.
Sechs zentrale Hubpodien, die sich unabhängig voneinander bewegen lassen, ermöglichen komplexe Bühnenmanöver. Diese Hebebühnen können bis zu 2,5 Meter angehoben und bis zu 11,15 Meter auf die Unterbühne abgesenkt werden. So können fertige Bühnenkulissen schnell von der Unterbühne auf die Hauptbühne gebracht werden. Jedes Podium ist 18 Meter breit, 3 Meter tief und kann bis zu 27 Tonnen tragen. Dank der leisen Hydraulik können diese Podien auch während der Vorstellung bewegt werden, sodass Bühnenbilder oder Darsteller direkt vor den Augen des Publikums »verschwinden« oder »auftauchen« können.
Schnürboden und Bühnenvorhänge
Oberhalb der Hauptbühne befindet sich der Schnürboden in 26,7 Metern Höhe, der 98 Zuglatten für das Aufhängen von Bühnenmaterial wie Lampen und Dekorationen bietet. Über die Hälfte dieser Latten ist maschinell bedient. Für die Sicherheit stehen an der Hauptbühne drei Eiserne Vorhänge, sogenannte »Kurtinen«, zur Verfügung, die den Zuschauerraum und die Bühnenbereiche bei Bedarf brandsicher abtrennen. Diese Stahlvorhänge sind so konstruiert, dass sie im Notfall in nur sechs Sekunden durch hydraulischen Antrieb abgesenkt werden können.
Die komplexe Logistik des Bühnenbetriebs
Da die Wiener Staatsoper täglich wechselnde Vorstellungen bietet, muss die Bühne oft zweimal täglich vollständig umgebaut werden. Der Logistikbereich umfasst daher die Hinter-, Seiten- und Unterbühne, wo Bühnenbilder auf Kulissenwagen vorbereitet und auf die Bühne gebracht werden. Da im Haus nur Platz für die Dekorationen von maximal vier Produktionen ist, wird ein Großteil der Bühnenbilder extern gelagert, im nahegelegenen Kulissendepot von „Art for Art“ in Haringsee. Ein Zwischenlager im Wiener Arsenal dient als Umschlagplatz für die Dekorationen, die im aktuellen Monat aufgeführt werden und täglich per LKW zur Oper transportiert werden. Im Durchschnitt benötigt eine Produktion 15 bis 20 Container an Material – für aufwändigere Produktionen wie Aida oder Carmen sind es bis zu 40 Container.
Spezialelemente der Bühne
Über der Hinterbühne befindet sich eine große Drehbühne, die nur noch selten, beispielsweise für die „Fledermaus“ zu Silvester, in Betrieb ist. Der Raffvorhang, der hydraulisch angetrieben wird, kann hochgefahren oder in der Mitte geteilt werden, um unterschiedliche Bühnenszenarien zu ermöglichen. Ein Schalldämpfer, der während Umbauarbeiten zum Einsatz kommt, reduziert den Geräuschpegel im Zuschauerraum um 30 Dezibel und ist mit schwarzem Samt bezogen.