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PARSIFAL-ASPEKTE – IM SPANNUNGSFELD VON ÄSTHETIK UND SPIRITUALITÄT

Die Premiere der Neuproduktion von Wagners Parsifal an der Wiener Staatsoper fand am 11. April 2021 Corona-bedingt als Fernsehausstrahlung und Streaming statt. Die internationale Rezeption dieses Ereignisses scheint zu bestätigen, dass die Inszenierung von Kirill Serebrennikov eines jener Wunder theatralischer Verwandlung bewirkt hat, nach denen die Wahrnehmung eines Repertoireklassikers nie mehr so sein wird wie zuvor. Nun wird am 12. Dezember 2021 und an vier Folgeterminen die Inszenierung erstmals vor Publikum gespielt werden. Aus diesem Anlass bieten wir ein hochkarätig besetztes themenzentriertes Wochenend-Programm an, das Wagners letzte Oper an ihren Schnittstellen und Wundmalen von Ästhetik und Spiritualität, von Theater und (Un-)Geistesgeschichte untersucht. Alle Vorträge integrieren ausgewählte Video-Sequenzen, ikonografische Materialien und/oder Klangbeispiele.

Alle Veranstaltungen finden in der Eberhard-Waechter-Probebühne der Wiener Staatsoper statt, mit Ausnahme der beiden Abend-Veranstaltungen am Freitag von 19-21 Uhr, die in einem Hörsaal im Uni-Hauptgebäude am Ring (Schottentor) stattfinden.

Alle Veranstaltungen werden gratis, nur auf Zählkarten angeboten. Die Vergabe dieser Zählkarten wird erst nach dem Sommer über wiener-staatsoper.at gestartet, weil derzeit noch ungewiss ist, wie die Corona-bedingten Einschränkungen bezüglich Bestuhlung, fixer Sitzplatzzuordnung, Sicherheitsabständen etc. sein werden. 

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Freitag, 17. Dezember 2021

10 – 17 h
Ulrike Kienzle: 
Parsifal verstehen: Ein Hörpraktikum 
Wagners Parsifal ist zweifellos das schwierigste und rätselhafteste von Wagners Musikdramen. Wir sind fasziniert von der suggestiven und rätselhaften Schönheit der Musik, von der komplexen Handlung und ihrer eigenwilligen sakralen Symbolik. Das ganztägige Hörpraktikum erschließt Wagners Quellen und die Gedanken seiner Spätschriften; es will aber vor allem durch vergleichendes Hören ein tieferes Verständnis der musikalischen Bedeutungsebene erschließen. In anschaulich vermittelten Bildern, Dokumenten und zahlreichen Klangbeispielen lernen die Teilnehmer*innen das Werk gründlich kennen und sind auf diese Weise bestens vorbereitet für die Aufführung und das Symposium an den folgenden beiden Tagen. Kenntnisse in Musiktheorie sind nicht erforderlich.

19 – 20 h
Sergio Morabito: 
Regieporträt Kirill Serebrennikov

20 – 21 h
Clemens Risi: 
Der neue Wiener Parsifal

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Samstag, 18. Dezember 2021

10 – 11:30 h
Richard Klein und Sergio Morabito:
Paul Bekkers Wagnerbuch Das Leben im Werke (1924)

Es gilt als das bedeutendste Wagnerbuch zwischen den Weltkriegen. Der Autor musste aus Nazideutschland emigrieren und verstarb 1937 im New Yorker Exil, die Rezeption dieser singulären Gesamtdeutung der Erscheinung Wagners leidet darunter bis heute. Beckers Ausführungen schärfen den Blick auf das Kunstwerk Parsifal, auch und gerade indem sie die nötige Trennschärfe zu den Theoremen seines Autors herstellen.

12 – 13 h
Patrick Primavesi:
Einar Schleefs Auseinandersetzung mit Parsifal

1993 kam es zwischen dem Opernhaus Nürnberg und einem der wirkungsmächtigen Theaterschaffenden jener Dekaden, dem Theaterregisseur, Schriftsteller und Bühnenbildner Einar Schleef (1944-2001) zur Verabredung einer Neuinszenierung von Wagners Parsifal. Im Juni 1994 wurde die Zusammenarbeit beendet: Es waren Schleefs nicht realisierbare Vorstellungen, die die Arbeit scheitern ließen. Schleefs Überlegungen zu Parsifal flossen in seinen voluminösen Essay Droge Faust Parsifal ein.

am Abend in der Wiener Staatsoper
Richard Wagner:
Parsifal
Musikalische Leitung Philippe Jordan; Inszenierung Kirill Serebrennikov. Mit u.a. Anja Kampe, Wolfgang Koch, René Pape, Brandon Jovanovich und Nikolai Sidorenko.

Kartenreservierung schon jetzt über wiener-staatsoper.at/Spielplan & Karten möglich!

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Sonntag, 19. Dezember 2021

10 – 11 h
Michael von Brück:
Parsifal – ein Bodhisattva?

11 – 12 h
Ulrike Kienzle:
Der Schrei des leidenden Gottes: Wagners musikalische Christus-Deutung
In Wagners eigenwilliger Theologie verbinden sich Momente der christlichen Überlieferung, der jüdischen Gnosis und des Buddhismus zu einer Synthese. Christus ist zwar als dramatis personae nicht anwesend, aber Handlung und Symbolik sind ganz auf die Gestalt des ›unerlösten Erlösers‹ bezogen. In der Musik der sogenannten Heilandsklage, die von Beginn bis zum Ende in die Partitur verwoben ist wie ein kostbarer Goldfaden in das Gewirk eines Teppichs, spricht sich Wagners Verständnis des leidenden Gottes unmittelbar aus. Der Vortrag untersucht diesen verborgenen Diskurs anhand von zahlreichen Klangbeispielen.

12.30 – 14:00 h
Der neue Wiener Parsifal in der Diskussion. 
Podiumsdiskussion mit Anke Charton, Richard Klein und Sergio Morabito.

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Dr. Ulrike Kienzle, Privatdozentin für Musikwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt, ist Musik- und Literaturwissenschaftlerin. Unter ihren zahlreichen Veröffentlichungen finden sich Bücher, Aufsätze und Vorträge über Richard Wagner, Franz Schreker, Robert Schumann und Giuseppe Sinopoli sowie über die Musikästhetik von der Goethezeit bis zur Gegenwart. Ihre aktuellen Forschungsschwerpunkte sind die Musik der Romantik und das Musikleben der Stadt Frankfurt. Sie kuratierte Ausstellungen über Wolfgang Amadeus Mozart sowie über Robert und Clara Schumann. 2013 entdeckte sie ein verschollenes Streichquartett von Max Bruch. Sie ist mit der musikwissenschaftlichen Expertise für das Deutsche Romantik-Museum in Frankfurt betraut.  

Sergio Morabito studierte Angewandte Theaterwissenschaften in Gießen. 1993-2018 war er an der Staatsoper Stuttgart als Dramaturg und Regisseur, unter der Intendanz von Jossi Wieler 2011-2018 auch als Chefdramaturg tätig. Gemeinsam mit Wieler inszenierte Morabito in Stuttgart zahlreiche Opern, seit 2000 zudem Neuproduktionen der Opernhäuser in Basel, Hannover, San Francisco, Amsterdam, Berlin (Staatsoper), Straßburg, Genf, Wien (Staatsoper) sowie der Salzburger Festspiele. Er publizierte mehrere Bücher (zuletzt: Opernarbeit, in der Opernwelt-Kritikerumfrage zum «Buch des Jahres 2020» gewählt), lehrte an den Universitäten Frankfurt, Leipzig und Stuttgart und beim Moskauer Territory-Festival, ist Mitglied der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste und Ehrenmitglied der Staatstheater Stuttgart; seit 2020/21 Chefdramaturg der Wiener Staatsoper.

Prof. Dr. Clemens Risi ist seit 2014 Inhaber des Lehrstuhls für Theaterwissenschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Von 2007-13 Juniorprofessor für Musiktheater an der Freien Universität Berlin sowie Leiter von Forschungsprojekten im Sonderforschungsbereich "Kulturen des Performativen" und im Exzellenzcluster "Languages of Emotion" der FU Berlin. Gastprofessuren an der Brown University und der University of Chicago. Arbeitsschwerpunkte: Aufführungsanalyse; Musiktheater vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart; Affekte und Emotionen in Musik und Theater; Rhythmus und Zeiterfahrungen im Theater. Ausgewählte Publikationen: Kunst der Aufführung – Aufführung der Kunst (hg. mit E. Fischer-Lichte u. J. Roselt), Berlin 2004; Oper in performance. Analysen zur Aufführungsdimension von Operninszenierungen, Berlin 2017 (erscheint 2022 auch in englischer Übersetzung bei Routledge). 

Prof. Dr. Richard Klein: Studium der Orgel, Kath. Kirchenmusik und Musikpädagogik an der Hochschule für Musik Freiburg, Studium der Philosophie, Musikwissenschaft und Neueren Literatur in Freiburg und Berlin. Lehraufträge und Gastprofessuren an der Universität Freiburg und der dortigen Pädagogischen Hochschule, am Inter University Center in Dubrovnik, in Leuwen, Cluj und an der Hochschule der Künste Bern. Seit 1997 Herausgeber der Zeitschrift Musik & Ästhetik. 1997-2001: Wissenschaftlicher Beirat der Staatsoper Stuttgart (Der Ring des Nibelungen). Seit 2011 Forschungsprojekt bei der DFG über Grundzüge der Musikphilosophie nach Adorno. Jüngere Publikationen: "My Name It Is Nothin’". Bob Dylan: Nicht Pop, Nicht Kunst, Berlin 2006; Adorno-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, Stuttgart/Weimar 2011 (hg. mit J. Kreuzer u. S. Müller-Doohm); Richard Wagner und seine Medien. Für eine kritische Praxis des Musiktheaters, Stuttgart 2012 (mit J. Dombois).

Dr. theolog. Michael von Brück war bis 2014 Professor für Religionswissenschaft und Leiter des Interfakultären Studiengangs Religionswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er studierte Evangelische Theologie, Sanskrit und Indische Philosophie in Rostock, Bangalore und Madras, gefolgt von einer fünfjährigen Dozentur in Indien. Eine Ausbildung zum Zen- und Yoga-Lehrer erhielt er in Indien und Japan. Gastprofessuren u.a. in den USA, Thailand, Lettland, Indien und Japan. Er ist Mitglied unterschiedlicher wissenschaftlicher Gremien weltweit und Beirat des Verlags der Weltreligionen (Suhrkamp/Insel). Seit 2014 hat er eine Honorarprofessur an der Katholischen Universität Linz. Zudem ist er Rektor der Palliativ-Spirituellen Akademie in Weyarn. Zu seinen Themenschwerpunkten Buddhismus, Hinduismus und interkultureller Dialog erschienen zahlreiche Publikationen. 

Prof. Dr. Patrick Primavesi ist Professor für Theaterwissenschaft an der Universität Leipzig und Direktor des Tanzarchiv Leipzig e.V. Forschungsschwerpunkte: Praxis und Theorie von Theater, Tanz und Performance, Körperpolitik und Repräsentationskritik, Bewegung im urbanen Raum. Buchpublikationen u.a.: Heiner Müller Handbuch (hg. mit H.-Th. Lehmann, 2003), Geteilte Zeit. Zur Kritik des Rhythmus in den Künsten (hg. mit S. Mahrenholz, 2005), Das andere Fest. Theater und Öffentlichkeit um 1800 (Habilitationsschrift, 2008), Stop Teaching! Neue Theaterformen mit Kindern und Jugendlichen (hg. mit J. Deck, 2014).

Ass.-Prof. Dr. Anke Charton ist TT-Professorin für Theater und Gesellschaft am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Universität Wien und derzeit Elise Richter Fellow des FWF. Sie studierte Theaterwissenschaft und Germanistik in Leipzig, Bologna und Berkeley; Forschungsschwerpunkte: Gesangsgeschichte, Musiktheater, Theater und Macht, Theatergeschichte der Frühen Neuzeit. Buchpublikationen: Marginalisierungen – Ermächtigungen (Hildesheim 2020, hg. zus. mit K. Knaus und B. Dornbusch), Pezzi chiusi (Leipzig 2015, hg. zus. mit C. Kirschstein), prima donna, primo uomo, musico (Leipzig 2012).